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Mehr ganzjährige Arbeit im Tourismus

Von Christine Zeiner, Galtür

Wirtschaft

Geht es nach der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), dann könnten bald weniger Mitarbeiter in der Tourismusbranche arbeitslos gemeldet sein. Dieses Ziel soll durch ein Modell zur Ganzjahresbeschäftigung für Mitarbeiter in Saisonbetrieben erreicht werden, das die ÖHV gestern zum Auftakt ihres Jahreskongresses in Galtür präsentierte.


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Doch selbst, wenn es künftig weniger Arbeitslose geben könnte - das Arbeitsmarktservice (AMS) wird von der Branche dennoch gebraucht werden. Nach den Vorstellungen der ÖHV sollen die Hoteliers eine gewisse Anzahl ihrer Mitarbeiter ganzjährig beschäftigen. Sie bekommen dafür das Arbeitslosengeld über ein Rückerstattungsverfahren vom AMS als "betriebliche Beihilfe zur Beschäftigung" und zahlen die Differenz zum Bruttolohn bzw. Bruttogehalt ihrer Mitarbeiter. Von "AMS-Förderung" oder "Mehrumsatz, der vom AMS subventioniert wird", wollen die ÖHV-Präsidenten Peter Peer und Sepp Schellhorn nicht sprechen. "Ich bin aber ganz sicher, dass wir ein schönes Wort dafür kreieren werden", meinte Peer.

"In der 'toten Phase' wäre es für den Hotelier attraktiver, ein bisserl länger offen zu halten und so ein bisserl mehr umzusetzen", so Schellhorn. Der Stadthotelier geht davon aus, dass Ganzjahresbetriebe - wie es sie vor allem in Wien gibt - kein Problem mit dem Modell haben, da das Ansehen der Tourismusbranche aufgewertet würde. Die hohe Arbeitslosigkeit sei "extrem imageschädigend" pflichtete Schellhorn bei: "Wir wollen weg von der 'Zigeunerbranche'."

Österreichweit sind im Beherbergungs- und Gaststättenwesen etwa 174.000 Mitarbeiter beschäftigt. Im Jahresschnitt sind 32.800 arbeitslos und beziehen Arbeitsgeld. In den touristischen Nebensaisonen steigt die Zahl auf 50.000 Arbeitslose. In den Hauptsaisonen sind 20.000 Personen arbeitslos.

Die im Branchenvergleich mit Abstand höchste Arbeitslosenquote und die höhere Sockelarbeitslosigkeit belasten die Arbeitslosenversicherung enorm. Sehr hoch ist auch die Abgangs- und Zugangsfluktuation mit 174% bzw. 175%. Das bedeutet, dass jährlich etwa 370.000 Mitarbeiter in den Betrieben und beim AMS an- und abgemeldet werden.

Die ÖHV rechnet mit 20% weniger Arbeitslosen in der Branche, sollte das Modell umgesetzt werden. Gleichzeitig fordert sie, die wöchentliche Höchstarbeitszeit und den Durchrechnungszeitraum bei Überstunden von 13 Wochen auf ein Jahr zu erhöhen.

Die Beschäftigten in der Tourismusbranche würden das gesamte Jahr ihr Bruttogehalt bzw. ihren Bruttolohn bekommen, der Hotelier wiederum spart sich - so er jede Saison neues Personal anstellt - die Mitarbeitersuche. Bund, Länder und Gemeinden würden am Mehrumsatz verdienen, sofern der Betrieb länger offen hält als die Saison andauert. Dem AMS würde weniger Verwaltungsaufwand entstehen. Die ÖHV hat das Rückerstattungs-Modell für einen Zeitraum von vier bis fünf Jahren angedacht.

Bartenstein: "Modell nicht umsetzbar"

Von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gibt es keine Unterstützung für das Modell. Es sei nach umfangreicher Prüfung in dieser Form nicht umsetzbar, sagte er vor Journalisten. Er sieht verfassungsmäßige und europarechtsmäßige Bedenken, zudem bestehe die Gefahr von Mitnahmeeffekten. Man würde "Anreize in die falsche Richtung" schaffen, zumal das Modell allen Tourismusmitarbeitern zur Verfügung gestellt werden müsste und daher auch von Betrieben genützt würde, die keine Saisonbetriebe sind: "Das würde zu viel Geld kosten", betonte der Minister. Allerdings sei er bereit, mit den Hoteliers in eine Diskussion über eine Saisonverlängerung und Ganzjahresbeschäftigung einzusteigen.

Wenig Begeisterung für "S"-Klassifizierung

Wenig begeistert ist die ÖHV von der geplanten "Superior"-Klassifizierung von Vier-Sterne-Hotels. "Wir haben eine Schwemme an Vier-Stern-Betrieben. Die wirklichen Vier-Sterne-Hotels werden halt jetzt ein 'S' bekommen", kommentierte Peer den Plan der Wirtschaftskammer. Schellhorn sprach von einem "Schuss ins Knie". Die ÖHV wünscht sich zudem eine unabhängige Kommission, die die Sterne vergibt. Peer: "Ich will nicht, dass mich ein Hotelierskollege kontrolliert."