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Mehr Gäste bringen weniger Umsatz

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Urlauber planen zwar mehr, aber kürzere Aufenthalte. | Experte: Österreich sollte Europas führendes Zweiturlaubsland werden. | Wien. Österreichs Tourismuswirtschaft muss immer mehr Gäste ködern, um die Umsätze zu halten. Statt wie früher einen langen Jahresurlaub planen immer mehr Besucher nämlich mehrere über das Jahr verteilte, dafür kürzere Aufenthalte. Österreich steht dabei in Konkurrenz mit vielen anderen Destinationen.


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Nicht zuletzt deshalb sinkt die Zahl der Nächtigungen pro Gast kontinuierlich - blieb ein Urlauber vor zehn Jahren im Schnitt noch 4,7 Nächte, so sind es jetzt nur noch 3,9 Nächte. Obendrein drehen die Gäste jeden Euro dreimal um, bevor sie ihn ausgeben.

Dagegen ist kein Kraut gewachsen, sagt Tourismusforscher Peter Zellmann zur "Wiener Zeitung". Die Leute werden in den nächsten Jahren nicht mehr Geld zur Verfügung haben, also muss die Tourismusindustrie ihr Angebot und ihre Wertschöpfung darauf ausrichten: "Österreich sollte die Chance erkennen, Europas führendes Zweiturlaubsland zu werden - anstatt den einstigen 14-Tages-Urlauben von Stammgästen nachzuweinen."

Die Betriebe müssten sich dafür freilich von den üblichen Wochentarifen lösen - etwa mit sich ergänzenden 3- und 4-Tagesangeboten und günstigeren 7-Tagespaketen. "Für die Anbieter wird die Arbeit intensiver, aber wenn die Gäste sich wohlfühlen und das subjektive Preis-Leistungsempfinden stimmt, werden sie bleiben", so Zellmann.

"Erfreuliche Halbzeit"

Den Befund von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, wonach vor allem Hotels ab der 4-Stern-Kategorie sogar Gäste ablehnen, die nur eine oder zwei Nächte verbringen wollen, bestätigt Zellmann: "Früher waren es private Zimmervermieter, die nichts unter einer Woche angenommen haben. Sie sind aus der Not heraus flexibel geworden, dafür passt das jetzt den Hotels nicht in ihr Marketingkonzept."

Für Mitterlehner fällt das Bild zur Halbzeit im Sommertourismus dennoch "ausgesprochen erfreulich" aus: "Wir haben die Krise im Tourismus überwunden und gewinnen im internationalen Wettbewerb Marktanteile." Mit 8,8 Millionen Ankünften haben von Mai bis inklusive Juli mehr Gäste denn je in Österreich Urlaub gemacht - ein Plus gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 5,3 Prozent. Bei den Übernachtungen (29,8 Millionen) fällt der Zuwachs mit 1,4 Prozent freilich deutlich geringer aus.

Die Umsätze werden laut Mitterlehner heuer stagnieren oder leicht rückläufig sein. Im Vorjahr lagen sie bei 10,3 Milliarden (Sommer) beziehungsweise 11,8 Milliarden Euro (Winter).

Das Sorgenkind Städtetourismus, das stark unter dem Rückgang von Geschäftsmeetings gelitten hatte, hat sich erholt. Großen Anteil hatte dabei freilich ein einmaliges Ereignis: die Aids-Konferenz, die Ende Juli in Wien stattfand.

Deutsche bleiben kürzer

Ein großer Wermutstropfen ist Deutschland, mit 53 Prozent Anteil an den ausländischen Nächtigungen unverändert das mit Abstand wichtigste Herkunftsland. Zwar blieb die Zahl der Deutschen, die nach Österreich kamen, mit 2,5 Millionen Ankünften (Mai bis Juli) gegenüber dem Vorjahreszeitraum konstant. Die Nächtigungen gingen aber um 4,1 Prozent zurück.

Umso wichtiger wird die Strategie, neue Herkunftsmärkte zu erschließen - vor allem in Osteuropa. Mitterlehner verweist auf Zuwächse bei Ankünften aus Russland (plus 36 Prozent) oder Polen (22 Prozent), aber auch den USA (19 Prozent) und Großbritannien (18 Prozent) - alles freilich auf bescheidenem Niveau.

Eine krisenbedingt befürchtete Investitionsdelle bei den Tourismusbetrieben sieht der Minister nicht: Er verweist auf steigende Förderanträge und -zusagen. Als Beitrag zur Qualitätssteigerung betrachtet das Ministerium eine Internet-Förderaktion, für die eine Million Euro bereitsteht. Tourismusbetriebe, die in ihren Onlineauftritt investieren, erhalten die Hälfte ihrer Kosten (zwischen 2000 und 20.000 Euro) ersetzt, wenn Auflagen wie Mehrsprachigkeit und Buchungsmöglichkeit erfüllt sind. Auch müssen 90 Prozent der Zimmer über Internetzugänge verfügen.

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Analyse - Seite 10**