Russland ist bereit, den Ausbau des Kernkraftwerk Paks zu 100 Prozent zu finanzieren.
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Budapest. Mit gleich drei Flugzeugen ist am Donnerstag die russische Delegation mit Präsident Wladimir Putin an der Spitze in Budapest gelandet - zu einem Besuch, von dem ein noch engerer Schulterschluss mit seinem Gastgeber Viktor Orbán gegen die EU ausgehen dürfte. Die beiden Politiker verstehen sich ohnehin bestens - Orbán hat in Putins autoritärem Führungsstil ein Vorbild für seine "illiberalen" Vorstellungen von Demokratie entdeckt, obwohl die bilateralen Beziehungen durch den Kommunismus historisch stark belastet sind. Vor 27 Jahren hatte Orbán als liberaler Jungpolitiker vehement den Abzug der sowjetischen Truppen aus seinem Land verlangt.
Jetzt also ist ein Kuschelkurs mit Moskau im Gange, den kaum jemand ein paar Jahre zuvor für möglich gehalten hätte. Putin war 2015 erstmals bei Orbán, der Gegenbesuch aus Budapest in Moskau fand 2016 statt. Eine Freundschaftsgeste vorab lieferte Außenminister Péter Szijjártó: Ungarn werde für die Renovierung der vier in Ungarn vorhandenen russisch-orthodoxen Kirchen 2,4 Milliarden Forint (7,75 Millionen Euro) bereitstellen.
Kleine Protestgruppe
Die Genehmigung für eine ursprünglich genehmigte Protestdemonstration gegen Putin wurde wieder zurückgezogen. Folglich verlegten die Organisatoren von der kleinen linken Partei Együtt ihre Kundgebung auf den Andrássy-Boulevard, der aber auch auf Putins Strecke lag. Nur wenige Demonstranten konnte Együtt-Vizechef Péter Juhász zum Pfeifkonzert um sich versammeln.
Bei den Gesprächen, die dem Vernehmen nach in sehr engem Kreis begannen, sollte es vor allem um den umstrittenen Ausbau des ungarischen AKW Paks durch die russische Rosatom gehen, um preisgünstigere, Gaslieferungen an Ungarn sowie um die EU-Sanktionen gegen Moskau. Bis 2021 sei die ungarische Gasversorgung aus Russland gesichert, sagte Orbán.
Dem Ausbau von Paks steht derzeit ein schwebendes EU-Strafverfahren im Wege, bei dem es darum geht zu klären, ob der ungarische Staat mit seiner Investition unerlaubte Staatsbeihilfen erteilt. Dieses Verfahren war nach Einspruch Österreichs eingeleitet worden. Umweltschützer bemängeln zudem, dass Orbáns Ungarn die eigene staatliche Atomaufsichtsbehörde entmachtet hat.
Ungarns Medien mutmaßten zudem, dass es bei den Gesprächen mit Putin auch um günstigere Konditionen für den Kredit von zehn Milliarden Euro gehen könnte, den Russland Ungarn für das Erweiterungsprojekt in Paks erteilt hat. Putin stellte in Aussicht, das Projekt zu 100 Prozent zu finanzieren. Dazu müsse man aber den bisherigen Vertrag ändern. Jetziger Stand ist, dass Russland 80 Prozent vorfinanziert.
Kritik an EU-Sanktionen
Zu Putins großer Delegation gehörte auch Außenminister Sergej Lawrow, der bereits am Vortag angereist war. Mit seinem Amtskollegen Péter Szijártó dinierte er in der Luxus-Privatvilla des ungarischen Ministers, wenige Kilometer flussaufwärts von Budapest. Noch vor Ankunft Putins, plädierte Szijjártó zum wiederholten Mal für eine Aufhebung der Sanktionen, die die EU gegen Russland wegen der Annexion der Krim und wegen der Unterstützung Moskaus für die prorussischen Separatisten in der Ostukraine verhängt hat. Diese seien ein wirtschaftliches und politisches "Fiasko". Schließlich wollen sich Unternehmen aus Ungarn und Russland gemeinsam bei Ausschreibungen in Drittländern bewerben. Die bilaterale Zusammenarbeit solle etwa im ungarisch-russischen Raumforschungsprogramm, in der Schwerindustrie, Agrartechnologie, Wasserindustrie fortgesetzt werden. "In der westlichen Hälfte des Kontinents ist eine russlandfeindliche Politik Mode geworden und in diesem Umfeld mussten wir unsere wirtschaftlichen Beziehungen (zu Russland, Anm.) verteidigen", sagte Orbán.
Ungarn hat immer wieder gegen diese Sanktionen Stellung bezogen, diese aber nie durch ein Veto im Europäischen Rat blockiert. Wie Ungarn den Spagat zwischen der Freundschaft mit Putin und der EU schaffen will, ist schwer vorstellbar, zumal auch Orbáns Regime von EU-Geldern abhängig ist.