450 Millionen zur Entschuldung und 50 Millionen Euro für die Liquidität fix. | Langfristige Sanierung über Strukturfonds. | Sillian. Zwar hatten Bundeskanzler und Vizekanzler am Montagabend bei einem Hüttenabend auf über 2000 Metern Seehöhe von den lokalen Touristikern Kuscheldecken als Präsent bekommen, wirklich zum Kuscheln war der großen Koalition bei ihrer ersten Regierungsklausur im Osttiroler Sillian aber nicht - auch wenn man sich alle Mühe gab, das Gute-Laune-Bild der vergangenen Wochen seit der Angelobung aufrecht zu erhalten. Der Grund dafür, dass das Arbeitstreffen nicht so reibungslos ablief wie geplant, lag an den rot-schwarzen Meinungsverschiedenheiten bezüglich Steuerreform und Krankenkassensanierung.
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Von Streit könne keine Rede sein, erklärte Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich, bevor die Gespräche am Dienstag fortgesetzt wurden. Vielmehr sei es eine "erfrischende Debatte". Nun sei aber Sozialminister Alois Stöger gefordert. Dieser war vor der Klausur mit Plänen zur Kassensanierung vorgeprescht, die sowohl bei Vizekanzler Josef Pröll, als auch bei Bundeskanzler Josef Faymann keine Zustimmung gefunden hatten. Dabei ging es um die Erstattung kassenfremder Leistungen im Umfang von jährlich 400 Millionen Euro (eine Zahl, die von Stögers Stab übrigens dementiert wird) sowie 450 Millionen zur Entschuldung.
Letzteres ist auch in der Einigung, die Faymann und Pröll am Dienstag präsentierten, enthalten. Ab 2010 gibt es drei Mal jährlich 150 Millionen zur Teilentschuldung. Der Ersatz für kassenfremde Leistungen (Wochengeld für junge Mütter, Leistungen für Pensionisten und Arbeitslose) hingegen entfällt. Trotzdem sprach Gesundheitsminister Stöger von einem "guten Tag". So stellt der Staat heuer rund 50 Millionen Euro zur Verfügung, um die Liquidität der Kassen zu sichern. Die genaue Höhe dieser Überbrückungshilfe wird im Rahmen der Budgetverhandlungen festgelegt und richtet sich nach den Prognosen der Kassen, die diese kommende Woche präsentieren.
Wollen die mit rund 1,2 Milliarden Euro verschuldeten Kassen weiteres Geld, müssen sie sich dafür künftig gehörig anstrengen. "Kein Geld ohne nachhaltige Reformen" lautet das Credo, das Finanzminister Pröll ausgegeben hat. Wenn sich die Kassen aber brav reformieren und Sparwillen zeigen, gibt es für sie ab
1. Jänner 2010 Mittel aus dem zu schaffenden Kassenstrukturfonds. Dieser wird jährlich mit 100 Millionen Euro dotiert und soll die langfristige Gesundung der Kassen garantieren. Geld daraus gibt es nach klaren Kriterien, die allerdings noch auszuverhandeln sind. Auf jeden Fall sollen es "kostendämpfende Strukturmaßnahmen" sein, betonte Pröll. Über die Auszahlung aus dem Fonds entscheiden dann Finanz- und Gesundheitsministerium einvernehmlich.
Kanzler Faymann räumte ein, dass es sich bislang freilich nur um einen Plan zur langfristigen Finanzierung der Kassen handle. Die Details (etwa Einsparungen bei Medikamenten) müssten erst mit den "Partnern" im Gesundheitswesen ausverhandelt werden. Den Zeitrahmen dafür hat sich die Regierung - ob sie wollte oder nicht - mit
1. Jänner 2010 selbst gesteckt. Bis dahin stehen Stöger und Pröll harte Verhandlungen mit den Kassen, Ärzten und Ländern bevor.