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Mehr Geld, mehr Personal, mehr Zeit für Patienten

Von Klaus Huhold

Wissen
Lidija Andryasevic, Orysya Holota, Agata Schramm und Andras Moricz (v. l. n. r.) haben in Wien eine neue medizinische Welt kennengelernt. Foto: Andreas Pessenlehner

Medizinstudenten aus Osteuropa auf Praxis in Österreich. | Unterschiedliche Ressourcen fielen besonders auf. | Wien. Es waren die unterschiedlichen Ressourcen, die ins Auge stachen. Die kroatische Medizinstudentin Lidija Andryasevic hat eine Famulatur im Wiener AKH absolviert. Das Resümee der 24-Jährigen: "Es gibt hier einfach mehr Personal, eine bessere Ausrüstung und mehr Zeit für die Patienten." Und auch die aus Lemberg stammende Orysya Holota, die ebenfalls im AKH war, betont: "Die Untersuchungsmethoden sind in Österreich viel moderner als in der Ukraine, weil in meiner Heimat einfach viel weniger finanzielle Mittel vorhanden sind."


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Die beiden nahmen an dem vom Lions Club finanzierten Projekt "Mediziner ohne Grenzen" teil, das angehenden Ärzten aus Osteuropa ein Monat lang Ausbildungserfahrung in österreichischen Spitälern ermöglicht. Auch der Bulgare Atanas Bantschev kam so nach Wien. "Bei uns hat der Arzt die führende Rolle, hier hat dies der Patient, er steht einfach vielmehr im Mittelpunkt", berichtet der 22-Jährige. Der höflichere Umgang mit Patienten fiel auch den anderen Studenten auf.

Dass mit Kranken und Verwundeten in Österreich zuvorkommender umgegangen werde, liege laut den Studenten vor allem an strukturellen Problemen in ihren Heimatländern. "Die Ärzte in Österreich haben weniger Sorgen", berichtet der Ungar Andras Moricz. "Sie bekommen mehr Gehalt und haben mehr Zeit, sich um Patienten zu kümmern." Und die Zagreberin Andryasevic weist auf einen weiteren Punkt hin: "Im Gesundheitssystem meines Landes gibt es nicht so viel Geld. Der Arzt will alles Mögliche für den Patienten machen, doch die Mittel sind oft nicht da. Das frustriert."

Bereits 770 Teilnehmer

Dass die Studenten andere medizinische Welten kennenlernen, war eine der Motivationen des Lions Club für die Initiierung des Programms, an dem in den vergangenen sieben Jahren bereits rund 770 Studenten aus 14 Ländern teilnahmen, die nach Studienerfolgen und Kenntnissen der deutschen Sprache ausgewählt wurden. Gleichzeitig sollten die Hochschüler ihre europäische Identität stärker ausbilden.

Diese Studenten sind aber ohnehin weltoffen und definieren sich schon lange als Europäer. Allerdings sind sie Europäer mit unterschiedlichen Möglichkeiten. Während es für die Ukrainerin Holota schon schwer war, ein Visum zu bekommen, schwärmt der Bulgare Bantschev von den freien Reisemöglichkeiten, die seine Generation nun hat.

Doch sehen die Studenten aus den neuen EU-Mitgliedsländern auch ihre berufliche Zukunft in dieser neuen Reisefreiheit, also im Westen? Eigentlich nicht. Die Polin Agata Schramm will in Krakau bleiben. Sie arbeitet dort ohnehin schon an einem wissenschaftlichen Projekt mit und sieht für sich eine aussichtsreiche berufliche Zukunft. Und Bantschev sagt: "Eine kurze Zeit im Ausland ist gut, um Neues zu lernen. Ich sehe es aber als meine Pflicht an, das System in meiner Heimat zu verändern, zu verbessern." Ob er glaubt, dass ihm das gelingen wird? "Die Veränderung beginnt mit dem einzelnen Menschen. Wenn er sich verändert, kann sich auch im Umfeld sehr viel verändern."