Seit das Investieren über Online-Plattformen gesetzlich erleichtert wurde, hat Crowdinvesting einen Aufschwung erlebt.
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Wien. Seit dem Jahr 2013 gibt es in Österreich sechs nennenswerte österreichische Crowdinvesting-Plattformen. Im Jahr 2015 wurden damit 44 Projekte erfolgreich finanziert. Dahinter stehen österreichische Investoren, die insgesamt 8,1 Millionen Euro in diese österreichischen Projekte gesteckt haben. Diese Summe ist im Vergleich zur jährlichen Investment-Summe in Österreich von 75.000 Millionen Euro vielleicht nicht so hoch, für die Crowdinvesting-Szene jedoch schon. Immerhin hat sich diese Art zu investieren im vergangenen halben Jahr um ein Vielfaches erhöht.
Steigerung um 335 Prozent
Der Grund für die Steigerung um 335 Prozent (von 2014 auf 2015) ist das im vergangenen Sommer beschlossene neue Alternativfinanzierungsgesetz. Damals wurde unter anderem die Grenze für eine strenge Prospektpflicht von 250.000 auf 5.000.000 Euro angehoben -erst ab einem Emissionsvolumen von fünf Millionen Euro ist also der volle Kapitalmarktprospekt notwendig.
Gesetzlich festgehalten wurde ebenfalls, dass Crowdinvesting-Plattformen nur mit Konzessionen oder Gewerbeberechtigungen betrieben werden dürfen. Auch Konsumentenschutz wurde eingebaut: Wenn jemand mehr als 5000 Euro investieren will, muss er eine Erklärung abgeben, dass er mehr als 2500 Euro Netto im Monat verdient. Falls er alles verlieren sollte, bleibt der Verlust so überschaubar.
"Das Gesetz regelt so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Damit hat es auch international Vorzeigecharakter. Länder wie Deutschland nehmen jetzt unser Gesetz zum Vorbild, um ihre eigenen Regelungen zu überarbeiten", sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner anlässlich der ersten Crowdinvesting-Jahresbilanz nach Einführung des neuen Gesetzes. "Das vergangene Quartal hat verdeutlicht, dass das neue Gesetz wirkt. Seit das Alternativfinanzierungsgesetz in Kraft ist, wurden 4,86 Millionen Euro eingesammelt. Das ist doppelt so viel wie im gesamten Jahr 2014 über Österreichs Plattformen investiert wurde. Vor allem Start-Ups und KMU erhalten dadurch Starthilfe bis der Motor läuft", betont Mitterlehner. "Entscheidend ist die Rechtssicherheit für die Unternehmen, Plattformbetreiber und die Investoren - also die Konsumenten" fügte Wirtschaftsstaatssekretär Harald Mahrer hinzu.
Möglicher Totalverlust
Nicht ganz so rosig sieht das IT-Experte Albert Gerlach. Er begrüßt zwar das neue Gesetz, sieht jedoch noch potenzielle Herausforderungen. "Damit ist ein großer Wurf gelungen, europaweit spielen wir da definitv ganz vorne mit", sagte Gerlach zur "Wiener Zeitung" "Allerdings: wenn das eine oder andere Projekt scheitert, dann verlieren die Investoren ihr Geld, da sie ja nur nachrangige Gläubiger sind. Spätestens dann wird klar, dass wir hier steuerlich ein Problem haben. Wer privat investiert, ob über Crowdinvesting oder direkt in Unternehmen, kann Verluste derzeit nicht von der Steuer absetzen. Bereits einmal versteuertes Geld ist dann weg", sagte er.
So sehr auch alle momentan eine "neue Kultur des Scheiterns" heraufbeschwören - für ihn bedeutet das, dass die Ambition, ein aufstrebendes Unternehmen zu unterstützen, mit einem möglichen Totalverlust bestraft wird.
Seit Bestehen der österreichischen Plattformen konnten bereits 70 Finanzierungen positiv abgeschlossen werden. Insgesamt haben die österreichischen Plattformen seit dem Jahr 2013 Finanzierungen in der Höhe von fast 11,2 Millionen Euro durch Crowd-Investoren erreicht. Das zeige, dass Crowdfunding als echte Finanzierungsform angekommen ist und noch viel Potenzial für die Zukunft hat", so Mahrer.
Derzeit gibt es die sechs österreichischen Crowdinvesting-Plattformen www.conda.eu, www.dasertragreich.at, www.greenrocket.com, www.homerocket.com, www.regionalfunding.at und www.1000x1000.at. Crowdinvesting ist nicht zu verwechseln mit Crowdfunding. Crowdfunding ist die Finanzierung von Projekten über Kleinstbeträge von Bürgern, meist im Gegenzug von Sachleistungen. Je kleiner die Beträge, desto kleiner die Sachleistung danach. Crowdinvesting bedeutet, dass man tatsächlich Anteile am Unternehmen erwirbt.
Ab sofort ist die aktuelle Statistik der Crowdinvesting-Plattformen im Fachverband Finanzdienstleister der Wirtschaftskammer Österreich verfügbar.