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Die Filmbranche nimmt in der MeToo-Debatte eine Sonderrolle ein: In keinem anderen Bereich sind derart viele Fälle von sexuellen Übergriffen angeprangert. Logisch, dass die Filmwelt bemüht ist, auch im Aufzeigen von neuen Wegen im Scheinwerferlicht zu stehen - nicht nur mit Skandalen.
Neben wortreich (meist von nicht betroffenen Frauen) ausgefochtenen Debatten zwischen Vertreterinnen eines neuen, asexuellen Moralkodex auf der einen und den Verfechterinnen eines "Rechts auf sexuelle Belästigung" auf der anderen Seite, hat man sich für das kollektive Setzen von Zeichen entschieden. Bei der Golden-Globes-Gala Anfang Jänner trugen die Stars geschlossen Schwarz auf dem Roten Teppich, bei den Grammys kurz darauf weiße Rosen. Auch die Berlinale soll nun ein Zeichen setzen: Eine Petition fordert, es solle dieses Jahr ein schwarzer statt eines roten Teppichs ausgerollt werden. Nach einem starken und vor allem mutig in eine bessere Zukunft blickenden Akt klingt das nicht. Eher nach schwarz-malender Resignation. Und nach einem schweigenden Einbetonieren der derzeitigen Gegebenheiten.
Die Zeiten des bloßen Zeichen-Setzens und Flagge-Bekennens sind vorbei. Ein Jahr nur Frauen auszeichnen, wie wäre das? Oder ausschließlich schwarzen Künstlerinnen und Künstlern den Oscar verleihen? Wenn den Lippenbekenntnissen nicht bald (künstlerische) Taten - und nicht nur vorschnelle Verurteilungen der vermeintlichen Täter - folgen, verliert die Debatte ihre Glaubwürdigkeit. Und ihre Relevanz.