Mit einem neuen Gesetz, das ausländischen Rauchfangkehrern das wartungsbedingte Kehren und Reinigen erlaubt, will Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren der EU vermeiden. Der Europäische Gerichtshof könnte allerdings noch den Gebietsschutz zu Fall bringen.
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Wien. Die Beschränkungen für Rauchfangkehrer sollen bald teilweise wegfallen: Künftig können auch Rauchfangkehrer aus dem EU-Ausland Wartungsarbeiten wie Reinigen und Kehren in Österreich durchführen. Mit der Änderung will das Wirtschaftsministerium die Gewerbeordnung mit der europäischen Dienstleistungsrichtlinie in Einklang bringen. Ob die geplante Regelung dafür ausreicht, wird sich aber erst zeigen. Denn für sicherheitsrelevante Tätigkeiten gelten die derzeitigen Beschränkungen weiterhin.
Das Wirtschaftsministerium will mit dem Gesetzesentwurf, zu dem bis am Donnerstag Stellungnahmen abgegeben werden können, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich abwenden. Derzeit ist für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes eine Niederlassung in Österreich erforderlich. Außerdem sind Rauchfangkehrer auf bestimmte Kehrgebiete beschränkt und dürfen ihr Handwerk nur dann ausüben, wenn von der Behörde ein entsprechender Bedarf hierzu festgestellt wird.
Gebietsschutz wackelt
Diese Beschränkungen sollen künftig nur mehr für sicherheitsrelevante Tätigkeiten gelten, die die Landesgesetze vorsehen - etwa die regelmäßige Überprüfung von Feuerungs- und Abgasanlagen oder die Erstellung von Gutachten in Bauverfahren.
Das Finanzministerium bezweifelt allerdings in einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf, ob diese Umsetzung europarechtlich als "verhältnismäßiges" Mittel zur Sicherung des öffentlichen Interesses akzeptiert wird. Denn das neue Gesetz lässt weiterhin keinen vollständigen Wettbewerb zu. Rauchfangkehrer könnten über die Dringlichkeit einer Maßnahme - und damit die Sicherheitsrelevanz - selbst entscheiden, heißt es in der Stellungnahme des Finanzministeriums.
Zudem raten die Beamten, eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) abzuwarten, ob die in Österreich geltenden Kehrgebiete mit der europäischen Dienstleistungsrichtlinie vereinbar sind. Diese Frage hat der Oberste Gerichtshof (OGH) im Mai 2014 dem EuGH vorgelegt (4Ob31/14h). In diesem Fall klagte ein Kärntner Rauchfangkehrer einen Konkurrenten auf Unterlassung, weil dieser mit Postwurfsendungen im Kehrgebiet des Klägers um Kunden warb. Außerdem verlangte er Schadenersatz, weil 42 Kunden zum Mitbewerber wechselten und ihm dadurch laut eigenen Angaben ein Verdienst von mindestens rund 2600 Euro entging. Der OGH neigt "eher zur Auffassung", dass die Beschränkung der Gewerbeberechtigung von Rauchfangkehrern auf ein bestimmtes Kehrgebiet nicht mit der europäischen Dienstleistungsrichtlinie vereinbar sei.
Preiskampf absehbar?
Die Öffnung des Anbieterkreises für Rauchfangkehrerleistungen soll den Wettbewerb fördern und zu größeren Auswahlmöglichkeiten für Konsumenten führen, heißt es im Vorblatt zum Gesetzesentwurf. Peter Engelbrechtsmüller, Bundesinnungsmeister der Rauchfangkehrer, erwartet jedoch keinen Massenansturm der ausländischen Konkurrenz. Auch den Österreichern sei es erlaubt, in Deutschland tätig zu sein. Allein: Es zahle sich nicht aus, weil die Fahrkosten den Auftrag im Nachbarland teurer und daher für Kunden unattraktiv machen würden, wie er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagt.
Das Finanzministerium weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die teilweise Liberalisierung der Tätigkeiten des Rauchfangkehrgewerbes zu mehr Wettbewerb unter den bisher reglementierten Anbietern und damit zu niedrigeren Preisen führen könnte. In Österreich sind Höchsttarife per Verordnung festgelegt. Engelbrechtsmüller erwartet jedoch keinen Preiskampf: Den Höchsttarif zu unterschreiten, sei angesichts des niedrigen Niveaus aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum möglich.