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Mehr Kooperation ohne Verfassung

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Kommission möchte stärkere Einbindung Solanas. | Konfrontation mit Verfassungsvertrag. | Brüssel. Von der Pattsituation um den auf Eis liegenden Verfassungsvertrag will sich die EU-Kommission nicht beirren lassen. Wie die Sicherheitspolitik will sie weiterhin auch die Außenpolitik auf EU-Ebene stärker vernetzt wissen - was erneut zu Streit unter den Mitgliedsstaaten führen könnte.


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Doch eine Stärkung der EU sei notwendig, findet die Kommission. Denn wegen "unzulänglicher Koordination zwischen verschiedenen Akteuren und Strategien" verliere die Union "potentiellen internationalen Einfluss", zitiert die "European Voice" einen Bericht der Brüsseler Behörde, der den EU-Staats- und Regierungschefs am 15. und 16. Juni präsentiert wird.

So soll zur besseren strategischen Planung die außenpolitische Gruppe der EU-Kommissare unter Präsident Jose Manuel Barroso gestärkt werden. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana soll in die Arbeit der Gruppe "systematisch eingebunden" werden. Das ist heikel, weil es stark an den Ansatz des Verfassungsvertrages erinnert. Demnach wäre Solana EU-Außenminister geworden, der sowohl dem Rat als auch der Kommission angehören sollte.

"Keine Neudefinition"

Auch der geplante Austausch von Personal der diplomatischen Vertretungen der Mitgliedsländer und dem Rat in Brüssel ist ein Element des im Verfassungsvertrag vorgesehenen diplomatischen Dienstes der EU. Dennoch betont die Kommission, dass weder die Debatte über das Vertragswerk neu aufgerollt, noch die "Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure neu definiert" werden soll. Denn die Abgrenzung zwischen Solana und der Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner ist delikat. Der Außenbeauftragte vertritt die EU zwar in klassisch außen- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten. Sobald jedoch Geld im Spiel ist oder es um Beitritte und Freihandelsverträge geht, ist die Kommission für die Verhandlungen zuständig. Am deutlichsten zeigt sich das derzeit an den Beziehungen zu den Palästinensern, wo die Kommission gerade an einem internationalen Mechanismus zur Verteilung von Hilfsgeldern arbeitet.

Ein Bewusstsein für Handlungsbedarf besteht: Alle EU-Staats- und Regierungschefs haben die außenpolitischen Pläne im Verfassungsvertrag unterzeichnet. Und vor allem den kleineren Mitgliedsstaaten werde mehr und mehr bewusst, dass sie "alleine keine Chance" haben, meinte ein Diplomat. Allerdings haben einige Länder - allen voran Deutschland - massive Bedenken, dass die Verfassung durch die Maßnahmen der Kommission ausgehöhlt werden könnte.

"So weit sind die Diskussionen noch nicht", kommentierte ein Vertreter des österreichischen Ratsvorsitzes die Ideen der Brüsseler Behörde. Bisher bestehe lediglich Konsens über verstärkte konsularische Zusammenarbeit. So könnte etwa statt fünf Konsulaten einzelner Mitgliedsländer künftig eine gemeinsame Stelle Visa ausstellen.