Expertentagung in Salzburg.| Nicht Herkunft, sondern soziale Verhältnisse begünstigen Kriminalität.
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Salzburg. Kulturelle Vielfalt ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. In vielen Bereichen wie in der Justiz aber, ist diese Vielfalt nicht sichtbar. Das Symposium Grundrechtstag in Salzburg widmete sich daher an zwei Tagen dem Thema, es wurden Lösungen gesucht, wie die interkulturelle Realität sich auch im Rechtswesen verstärkt wiederfinden lassen könnte.
Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung sei es, den Anteil der Kollegen mit Migrationshintergrund in der Richterschaft zu erhöhen, sagte die Richterin Mia Wittmann-Tiwald gegenüber der APA . Das würde beitragen, die Herausforderungen der "Justiz in der kulturellen Vielfalt" besser zu bewältigen. Denn mit der Integration dieser Kollegen könne man "pauschalen Zuschreibungen" begegnen, "es erweitert sich das Bild", betonte Wittmann-Tiwald. Der Anteil an Kollegen mit interkulturellem Hintergrund sollte auf jene etwa zehn Prozent erhöht werden, die Migranten in der Gesamtbevölkerung stellen, sagte sie.
Gegen "pauschale Zuschreibungen"
Den Richtern sei bewusst, dass sie mit der neuen Vielfalt - durch Zuwanderung, aber auch z.B. im Bereich der Familie - "für Lebensarten offen sein muss, die uns nicht geläufig sind", so Wittmann-Tiwald weiter.
Die Fachgruppe Grundrechte wiederum widmete sich den stereotypen Zuschreibungen von Menschen. Gerade im Umgang von Justiz und Polizei mit Migranten würden oft solche Pauschlierungen geschehen. Zu Unrecht. Wie der Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, Gerhard Jarosch betonte, widerlegen kriminalsoziologische Studien das "populistische Vorurteil", dass die Herkunft eines Menschen Rückschlüsse auf die Kriminalitätsrate gäbe. Eine genaue Analyse weise vielmehr darauf hin, dass nicht Herkunft, sondern soziale Verhältnisse Kriminalität begünstigen, unterstrich Jarosch. Er leitete beim Grundrechtstag den Arbeitskreis "Kulturelle Vielfalt - Herausforderungen für Polizei und Justiz". Außerdem wandte er sich auch gegen "Ethnic profiling" - d.h. dass Täterprofile nur nach ethnischer Herkunft erstellt werden - als "überwiegendes Element von Kriminalitätsbekämpfung". Dies wäre ein "kostspieliger Trugschluss". Denn die Aufklärungsquote würde steigen, wenn man bei der Ausforschung von Straftaten auf Verhaltensmuster und nicht auf Herkunft abstellt.
LinksGrundrechtstag 2011Richtervereinigung
Grundrechtstag 2011
Justiz in der kulturellen Vielfalt
29. und 30. September 2011, Salzburg