Gratiseintritt in Bäder, Vorteile bei Wohnungsvergaben? | Drei Millionen als Freiwillige tätig. | Wien. Die Abschaffung der Wehrpflicht wird politisch derzeit heiß diskutiert. Noch völlig uneinig sind sich die Politiker darüber, ob und wie der damit verbundene Wegfall von rund 12.000 Zivildienern als Stützen des Sozialbereiches verkraftet werden kann. Eine Idee, die seit Wochen kursiert, ist die Einführung eines freiwilligen Sozialjahres. Aber lässt sich soziales Engagement so einfach verordnen?
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Geht es nach der Regierung, sollen personalintensive Berufe im Rettungswesen sowie im Sozial- und Pflegebereich zunächst mit Geld für Freiwillige attraktiviert werden. Geboten werden sollen immerhin bis zu 1300 Euro monatlich, eine im Vergleich zu den derzeit geltenden Bezügen bei Bundesheer und Zivildienst ansehnliche Summe.
"Ich glaube schon, dass dieses Angebot vor allem von Schulabgängern gerne angenommen wird", meint etwa der Ex-Zivildiener und jetzige Behindertenbetreuer Markus Thiel im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Der 25-jährige gelernte Kfz-Elektriker aus Payerbach (NÖ) war bereits vor mehreren Jahren über den Dienst beim Roten Kreuz mit dem Sozialbereich in Kontakt gekommen - und schließlich in der Branche geblieben.
Dabei war Thiel nicht der Einzige: "Ich kenne viele Freunde, die heute als Krankenpfleger und Betreuer im Psychiatrie- und Behindertenbereich arbeiten. Ohne ihre Erfahrungen beim Zivildienst wären die wohl nie dort gelandet", erklärt er. Die Idee, den Zivildienst durch ein bezahltes Sozialjahr zu ersetzen, findet Thiel gut: "Für einen 18-Jährigen, der noch dazu arbeitslos ist, ist das schon ein Batzen Geld."
"Sozialjahr" ist noch viel Arbeit
Als ein "ordentliches Stück Arbeit" hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Präzisierung für sein Modell des bezahlten Sozialjahres am Freitag bezeichnet. Details sollen in den nächsten sechs bis acht Wochen vorliegen. Die Absolvierung des Sozialjahres soll ein Anreiz für das weitere Berufsleben und den weiteren Lebensweg generell sein, sagte Hundstorfer.
Weitere Anreize und Benefits soll es auch für das Engagement der übrigen rund drei Millionen ehrenamtlichen Freiwilligen in Österreich geben. Anlass ist das diesjährige Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit.
So kann sich Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer etwa freien Eintritt in Schwimmbäder, die Aufnahme in den öffentlichen Dienst oder einen Vorteil bei der Wohnungsvergabe vorstellen.
Im Durchschnitt sind rund 23 Prozent der Europäer ab 15 Jahren ehrenamtlich tätig, in Österreich sind es 43,8 Prozent. "In den kleinen und mittleren Gemeinden ist jeder zweite Gemeindebürger freiwillig aktiv", weiß Mödlhammer. Er spricht von einem Gegenwert von 16 Milliarden Euro. Die meisten betätigen sich im Bereich der Kultur - etwa im Blasmusikverein oder bei der Volkstanzgruppe - bei Sportvereinen, im Pfarrleben, bei Hilfsdiensten oder politisch. "Ohne die freiwillige Leistung würde sehr viel zusammenbrechen", erklärte dazu auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl.
Künftig soll es auch eine rechtliche Mindestabsicherung für die Helfer geben. Hundstorfer kündigte noch für heuer ein Gesetz an. Dabei geht es um Lohnfortzahlung, Urlaub und Fragen der Haftpflicht.