Imageträger Geschäftsbericht. | Trend zur persönlichen Botschaft.
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Wien. "Bilanzen sind nur der Anlass, aber nicht die Botschaft", sagen die Autoren des Buchs "Reporting". Jochen Rädeker und Kirsten Dietz sind Grafikdesigner und haben sich mit ihrer Agentur "Strichpunkt" auf Geschäftsberichte spezialisiert, insgesamt 300 wurden bereits von ihnen gestaltet. In "Reporting" berichten sie selbst über neue Trends, zeigen, wie man es falsch und richtig macht, und legen mit dem aufwendig und schön gestalteten Buch Zeugnis ab von ihrer Philosophie: "Gute Reports vermitteln Substanz und Image, Fakten und Emotionen."
In "Reporting" kann man schmökern, sich an den Grafiken, den Beispielen, an Papier und Typografie erfreuen und, egal ob als Unternehmer, Lektor oder Grafiker, viel lernen. Von den gesetzlichen Vorgaben zur Berichtslegung über Zeit- und Projektmanagementtipps bis hin zu Typografie und Papierauswahl deckt das Buch auf 390 Seiten alles ab, was für die Erstellung von Geschäftsberichten relevant ist.
"Wir wollen involvieren und begeistern, Sympathie, Kompetenz, Strategie, Engagement, Humor und Kreativität vermitteln", sagt Hannes Roither, Konzernsprecher des Salzburger Kranherstellers Palfinger. Das Unternehmen bereitet auch unangenehme Botschaften prominent auf. Im Krisenjahr 2008 titelte es mit "Die Zeiten sind hart". Zwar wurde ein optimistisches "Aber wir sind härter" nachgeschoben, jedoch war der Finger auf die Wunde gelegt. 2009 hieß es "Wir haben gespart, wo wir konnten" auf einem schwarz/weiß gehaltenen, mit Schnellheftern gebundenen Bericht. "Das grafische Konzept nimmt immer auf die Geschäftsentwicklung des Berichtszeitraumes Bezug, um unsere Botschaft auch visuell zu unterstützen", sagt Roither. "Der 2010er Bericht zeigt im wahrsten Sinne der Worte in den Fotos Es geht aufwärts, weil wir die Krise überwunden haben."
"Illu schlägt Foto"
Die Palfinger Berichte leben von der Fotografie und liegen damit etwas neben den Trends, die Rädeker und Dietz für die Jahre 2008 bis 2010 aufgrund einer Analyse von 5000 Reports aus 48 Ländern konstatieren: "Illu schlägt Foto", heißt es da unter anderem. Nicht zuletzt wegen der geringeren Kosten engagierten immer mehr Unternehmen einen Illustrator statt eines Fotografen. Mit zwei Ausnahmen: Vorstände und Mitarbeiter werden zunehmend aufwendig in Szene gesetzt. "Nichts bewegt Menschen mehr als Menschen. In Krisenzeiten ist es das Vertrauen in die Akteure, das Investoren bei der Stange hält, in Boomzeiten der Blick in die Gesichter von Kollegen, der Bewerber überzeugt."
Entsprechend dieses Trends zur persönlichen Botschaft wendet sich die Verkehrsbüro Group in handgeschriebenen Postkarten an Kunden und Investoren. Das übliche Vorwort des Vorstandes wurde zugunsten eines Interviews gestrichen. Generaldirektor Harald Nograsek und Vorstandsdirektor Martin Bachlechner sind in Freizeitkleidung vor einem Hafen zu sehen: "Captain’s Greetings". "Der Geschäftsbericht ist ein Händedruck unseres Konzerns. Er bietet für uns eine Plattform, ausgiebig über Leistungen zu informieren", erläutert HaNograsek.
Preise fürs Image
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In den Krisenjahren 2008 bis 2010 hätten sich Unternehmen noch einmal mehr Mühe mit der Gestaltung ihrer Berichte gegeben, sagen Rädeker und Dietz. Vermutlich, um das verlorene Vertrauen von Öffentlichkeit und Analysten zurückzugewinnen. Was sehr gut gestaltete Reports jedenfalls können, ist Aufmerksamkeit erregen. Für das Reporting gibt es zahlreiche nationale und internationale Awards, die nicht nur die Werbe- und Grafikwelt interessieren. In Österreich wird im September der Austrian Annual Report Award des Wirtschaftsmagazins Trend vergeben. Das Verkehrsbüro führte 2010 das Ranking der nicht börsennotierten Unternehmen an. Palfinger wurde mehrfach in internationalen Wettbewerben nominiert und ausgezeichnet, zuletzt holte der Konzern für das 2010er Cover Gold bei der Annual Report Competition in New York, für seinen Nachhaltigkeitsbericht 2010 erhielt Palfinger den Austrian Sustainability Reporting Award. Diese Preise vermögen für das Image einiges zu bewirken, weiß Roither aus Erfahrung: "Einerseits wird man national und international auf uns aufmerksam, andererseits werden die Auszeichnungen und die Reaktionen von Kunden, Lieferanten und Journalisten von den Mitarbeitern mit Stolz wahrgenommen. Und natürlich passt das perfekt zu unserer Positionierung als Qualitäts- und Innovationsführer in unserer Branche, wenn sich die internationale Konkurrenz auch an unseren Geschäftsberichten die Nase reibt."
Jochen Rädeker, Kirsten Dietz: Reporting. Unternehmenskommunikation als Imageträger. Verlag Hermann Schmidt Mainz. 390 Seiten, 75 Euro.