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"Mehr Österreich nach Europa tragen"

Von Alexander Maurer

Politik

Das neue Rederecht für EU-Abgeordnete im Nationalrat soll die Zusammenarbeit mit dem EU-Parlament stärken.


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Wien. "Wir müssen es auch auf Europaebene verstärkt schaffen, dass es einen ständigen Dialog zwischen den Abgeordneten der nationalen Parlamente und den EU-Abgeordneten gibt", erklärte ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka am Montag im Pressezentrum des Parlaments. SPÖ, ÖVP und Grüne präsentierten dort gemeinsam das neue Rederecht für EU-Abgeordnete im Nationalrat.

"Gerade Europapolitik ist eine Angelegenheit, die oft unter den Tisch fällt", betonte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Die neue Regelung soll dabei helfen, eine "sinnvolle Europadebatte abseits von Klischees auch im österreichischen Parlament" besser führen zu können. Dies erhofft sich auch die Grüne Klubobfrau Eva Glawischnig, die zugleich bemängelte, dass Europadiskussionen im Nationalrat bisher stark innenpolitisch geprägt waren.

Ein Abgeordneter pro Parlamentsklub

Konkret bedeutet das Rederecht, dass österreichische EU-Abgeordnete künftig unter anderem in den Aktuellen Europastunden, die viermal jährlich stattfinden, bei den mindestens halbjährlichen EU-Erklärungen sowie bei Änderungen von EU-Verträgen vor dem Nationalrat sprechen dürfen. Voraussetzung ist, dass die EU-Mandatare einem österreichischen Parlamentsklub angehören. Und jeder Klub darf nur einen Sprecher einladen, um die zeitlichen Rahmen von Debatten nicht zu sprengen. Jedem Abgeordneten stehen dabei fünf Minuten Redezeit zur Verfügung. Fraktionslose Abgeordnete - die es momentan nicht gibt - dürfen in den Ausschüssen zu Wort kommen.

Der Abänderungsantrag des Geschäftsordnungsgesetzes für den Nationalrat soll noch vor dem Sommer beschlossen werden und ab Herbst gelten. Laut Schieder stellt das Rederecht für EU-Abgeordnete keine Einbahnstraße dar, sondern soll die gegenseitige Zusammenarbeit fördern: "Es geht darum, mehr Europa ins österreichische Parlament hereinzutragen und gleichzeitig sicherzustellen, dass auch mehr Österreich nach Europa getragen wird."

Lopatka verwies darauf, dass Österreich nun einer von fünf EU-Staaten wird, in denen EU-Abgeordnete ein Rederecht haben. Er sei jedoch sicher, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis sich diese Praktik in allen Staaten der EU durchgesetzt habe.

Rederecht nicht nur für Funktionäre

Neben EU-Mandataren können künftig von der Nationalratspräsidentin - nach Beratung in der Präsidiale - auch "herausragende Persönlichkeiten der europäischen und internationalen Politik" eingeladen werden. So könnten beispielsweise der UNO-Generalsekretär oder Vertreter des Europarates im österreichischen Parlament sprechen. Laut Glawischnig beinhaltet diese Einladungsmöglichkeit auch "Menschen der Zivilgesellschaft, die viel oder einen interessanten Beitrag geleistet haben". Damit öffnet der Beschluss auch Personen wie dem NSA-Whistleblower Edward Snowden oder dem saudischen Blogger und Aktivisten Raif Badawi die Tore zum Plenarsaal. "Wir sind ein Parlament, das bisher immer zu Krücken greifen musste, um so etwas zu realisieren. Das ist jetzt nicht mehr notwendig", meinte Glawischnig.

Die FPÖ und das Team Stronach lehnten die Änderung bereits vergangenen August ab, es wurde "Kompetenzvermischung" verortet. Die Neos begrüßten den Vorschlag, bemängelten am aktuellen Entwurf jedoch, dass die Regierung im Alleingang handle. "Das Einbinden der Grünen dient nicht dem Konsens, sondern alleine der Mehrheit", so Neos-Chef Matthias Strolz.