Die Pflegekrise ist längst kein Zukunftsproblem mehr.
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Mit der Präsentation der Pflegereform ist klar: Das Land braucht einfach mehr Parteitage, dann geht was weiter. Vor dem Bundeskongress der Grünen wurde ein neues Parteiengesetz vorgestellt, die Straßenverkehrsordnung radfahrer- und fußgängerfreundlicher gemacht und der von den Grünen ungeliebten Sozialhilfe einige der härtesten Härten genommen. Wenn sich nun Kanzler Karl Nehammer am Samstag beim Parteitag seiner ersten Wahl als ÖVP-Obmann stellt, kann er zwar nicht ein thematisch so breites Bouquet politischer Erfolge vorweisen, aber er bringt dafür quasi den Meisterpokal nach Graz mit, auch wenn formal der grüne Sozialminister Johannes Rauch für die Pflegereform zuständig ist. (Bei der Präsentation war ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger dabei.)
Wie wichtig dieses Thema vor allem für die Volkspartei ist, bewies die Tatsache, dass am Donnerstag fast alle Bünde der ÖVP sowie andere der Partei nahe Organisationen via Aussendung Spalier standen und gratulierten. Man darf nicht übersehen: Die Pflegekrise ist kein Zukunftsproblem, sondern längst eines der Gegenwart. Es fehlen Plätze in stationären Einrichtungen, es fehlt an mobiler Pflege, und die Bürgermeister können den verzweifelten Angehörigen oft nur einen Platz auf einer Warteliste anbieten.
Beschlossen ist zwar noch nichts, und bis diese Vorhaben legistisch ausgearbeitet sind und begutachtet wurden, werden noch einige Wochen ins Land ziehen, aber zweifellos nimmt diese Ankündigung viel Druck heraus. Und sie lässt durchaus die Fantasie zu, dass diese Ideen den Personalmangel in der Branche, wenn nicht beheben, so doch deutlich mildern. Aber natürlich auch um den nicht gerade geringen Preis von einer Milliarde Euro für die kommenden zwei Jahre. (Wie gut, dass die gescheiterte Impflotterie, die 1,5 Milliarden gekostet hätte, offenbar kollektiv vergessen wurde.)
Diese Pflegereform wird budgetär also kein allzugroßes Loch reißen. Vorerst zumindest. Denn ein Weg zurück ist jetzt nicht denkbar. Doch die Hürde, die für eine langfristige Finanzierung genommen werden muss, ist sehr hoch, denn das muss über eine Reform des Finanzausgleichs mit Ländern und Gemeinden passieren. Da kann man der Regierung schon jetzt viel Vergnügen wünschen.
Und die Regierung sollte auch bedenken, dass ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von zwei Seiten her behoben werden kann. Jeder Lebensmonat mehr in Gesundheit reduziert den Bedarf an Pflege. Gerade in dieser Hinsicht gibt es in Österreich, wo nur ein sehr geringer Teil der Gesundheitsausgaben in Prävention und Gesundheitserhaltung fließt, viel Luft nach oben. Das wäre dann wirklich ein Megaprojekt. Ob es dafür genügend Parteitage gibt?