Wistleblower-Webseite hat mehr als 300 Ermittlungsverfahren ins Laufen gebracht. Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sucht weiteres Personal.
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Wien. Seit zwei Jahren können Personen auf der Whistleblower-Webseite der Justiz anonym Amtsmissbrauch und Korruption melden. Über das sogenannte Business Keeper Monitoring System seien so mittlerweile 2300 Meldungen eingegangen, berichtete die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Mittwoch vor Journalisten. "Es gibt Häufungen bei Sozialbetrug, bei Manipulationen, bei Vergaben, Abgabenhinterziehung", sagt Thomas Haslwantner, Sprecher der WKStA, zur "Wiener Zeitung". Hauptsächlich würden Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung und Ungereimtheiten bei Vergaben von öffentlichen Aufträgen gemeldet. In Zusammenhang mit dem Letztgenannten würden oft Bürgermeister angeschwärzt.
Nach der zweijährigen Testphase möchte die Leiterin der WKStA, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, die Wistlblower-Seite in den Regelbetrieb übernehmen. Die abgegebenen Hinweise haben 340 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zu laufenden Verfahren sind 35 relevante, anonyme Meldungen eingelangt. Aber: In nur vier Fällen kam es zu rechtskräftigen Verurteilungen. Das liege aber daran, dass die Seite noch nicht lange in Betrieb ist und Verfahren und Ermittlungen noch laufen würden, sagt Haslwantner.
Whistleblower sollen direktaus Umfeld berichten
Zur Erinnerung: Am 20. März 2013 ging die Seite auf der Homepage des Justizministeriums in Betrieb. Personen können dort Hinweise oder einen Verdacht anonym deponieren und über ein elektronisches Postfach mit den Ermittlern kommunizieren. IP-Adressen, Cookies und sonstige Daten, die die Identität der Whistleblower aufdecken könnten, werden nicht gespeichert. So wollen die Ermittler an Hintergrundinformationen gelangen, die sonst nicht oder nur sehr schwer zugänglich sind.
Schon mit dem Launch der Seite wurde die Kritik laut, dass die Plattform dafür genutzt werden könnte, Politiker oder Menschen in Schlüsselpositionen - manchmal grundlos - anzuschwärzen. Eine Häufung an Vernaderungen könne die WKStA hier aber nicht feststellen.
Justizministerium prüft Regelbetrieb
Bis Ende des Monats will das Justizministerium das Projekt evaluieren und danach entscheiden, ob es in den Regelbetrieb geht, heißt es auf Anfrage. Da aber schon in der Vergangenheit ministeriums-intern immer wieder positive Kritik laut wurde, hat die Seite gute Chancen, in Betrieb zu bleiben.
Vrabl-Sanda forderte abermals die Einführung eines zentralen Kontenregisters, das die Arbeit der WKStA und die Verfahren deutlich erleichtern und beschleunigen könne. Justizminister Wolfgang Brandstetter zeigt zwar Verständnis, die Einführung gehe aber nicht "von heute auf morgen".
Personalmangel verzögertArbeit der WKStA
Bei der WKStA gibt es mittlerweile 40 Planstellen für Staatsanwälte und Oberstaatsanwälte. Besetzt sind derzeit aber nur 29, weil es schwierig sei, Leute zu finden. Viele qualifizierte Juristen und Wirtschaftsexperten bevorzugen die Privatwirtschaft, weil sie dort mehr verdienen. Im Sommer soll probeweise eine Außenplanstelle in Graz starten, weil man auch dort auf qualifiziertes Personal zurückgreifen möchte.
1359 Fälle sind im Vorjahr bei der WKStA eingelangt. Mit Jahresende waren 215 noch offen. Zwei Drittel behandeln Wirtschaftsstrafsachen, ein Drittel Korruption - darunter prominente Fälle wie die Bundesliga-Causa und Ex-Innenminister Ernst Strasser. Heuer sollen auch die Ermittlungen rund um den Salzburger Finanzskandal und die Alpine-Pleite abgeschlossen werden. Nicht auf dem Plan steht allerdings Grassers Buwog-Verfahren. Die Ermittlungen laufen schon seit fünf Jahren. Das Verfahren kann wegen einer Panne bei der Akteneinsicht nicht abgeschlossen werden. Und auch der Verfahrensabschluss zum Terminal Tower wird sich verzögern. Wohl auch wegen der häufigen Fluktuation - neues Personal muss sich immer erst einlesen- und wegen noch unbesetzter Stellen.