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Mehr Pleiten ohne Konkurs

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

24 heimische Unternehmen schlittern pro Tag in die Pleite, Tendenz stark steigend. Im 1. Quartal 2004 wuchs die Zahl der Firmeninsolvenzen laut Hochrechnungen des Kreditschutzverbandes (KSV) im Jahresvergleich um 15,4% auf 1.503 Fälle. Erstmals seit drei Jahren liegen abgewiesene Konkurse zahlenmäßig wieder über den eröffneten Verfahren.


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Auch die Passiva erhöhten sich um 9,2% auf 419,4 Mill. Euro. Die Zahl der betroffenen Dienstnehmer ging um 0,5% auf 5.570 Beschäftigte zurück. Bei den eröffneten Verfahren gab es ein Plus von 4,1% auf 743 Fälle, die mangels Masse abgewiesenen Konkursanträge verzeichneten einen Anstieg um 29,3% auf 760. Nach Einschätzung des KSV weisen diese Fälle auf eine hohe Dunkelziffer an Insolvenzbetrug und eine beachtliche Anzahl von Fällen einer Gläubigerbenachteiligung hin.

"Mangels Masse abgewiesen bedeutet, dass so wenig Vermögen da ist, dass es sich nicht einmal lohnt, einen Konkurs zu eröffnen", erklärt Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband (KSV) im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Sobald ein Unternehmer weiß, dass sein Betrieb finanziell nicht aufrecht zu erhalten ist, muss Konkurs beantragt werden. Kantner: "Wenn man das nicht tut - und das wissen viele nicht - kann man sich strafbar machen. Oft zahlen Unternehmer nur ganz bestimmten Personen die Schulden zurück. Oder man wirtschaftet halt so dahin, zahlt vielleicht noch der angestellten Tochter den Lohn und dann sagt man: Hoppla, ich hab ja eine halbe Million Euro Schulden." Einen Gläubiger, zu bevorzugen, sei aber strafbar.

Der KSV fordert auf, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen - nicht nur, damit Gläubiger an das ihnen Zustehende kommen: "Das Unternehmen selbst ist oft auch zu retten", spricht Kantner aus Erfahrung.

"Pleitenranking"

Nach der Anzahl der Verfahren gereiht, ist die Bauwirtschaft mit 270 Verfahren (1.Quartal 2004, Hochrechnungen) an erster, unternehmensbezogene Dienstleistungen (213) an zweiter und das Gastgewerbe (190) an dritter Stelle.

Wird nach der Summe der geschätzten Passiva gelistet, befinden sich unternehmensbezogene Dienstleistungen mit 93,1 Mill. Euro auf Platz 1, die Bauwirtschaft (85,5 Mill. Euro) auf Platz 2 und Maschinen und Metall (48 Mill. Euro) auf Platz 3.

Immer mehr Private pleite

Auch die Zahl der Privatkonkurse erhöhte sich im 1. Quartal 2004 um rund 32% auf 1.367 Fälle. Die Passiva stiegen bei den Privaten um 21,1% auf 130,4 Mill. Euro an. Kantner schätzt, dass in Österreich rund 100.000 Haushalte überschuldet sind.

Für das laufende Jahr erwartet der KSV, dass die Insolvenzen frühestens ab Jahresmitte zurückgehen werden, so dass die Zahl der Pleiten heuer in etwa auf Vorjahresniveau von rund 5.500 Fälle stagnieren werden.