Österreichs Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Wertpapierdienstleister und die Wiener Börse werden seit rund einem Jahr von einer Einheits-Behörde beaufsichtigt. Deren Vorstände, Andreas Grünbichler und Kurt Pribil, zogen gestern in einer Pressekonferenz Bilanz über das Startjahr der neuen Finanzmarktaufsicht (FMA). Fazit: Große Skandale sucht man hierzulande vergebens, doch gibt es in dem einen oder anderen Bereich des Finanzmarktes Schwächen.
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Die österreichischen Banken etwa seien im Moment zwar von keiner System- oder Liquiditätskrise bedroht und stünden im Vergleich zu Deutschland relativ besser da, der FMA sei aber sehr wohl nicht entgangen, dass die Eigenkapitalüberdeckung der Institute 2002 zurückgegangen sei, so Grünbichler. Er attestiert den Banken eine Ertragsschwäche im Inlandsgeschäft und eine Strukturschwäche.
Der FMA-Vorstand verteidigte erneut die geplante Novelle zum Pensionskassen-Gesetz, die unter anderem die Ausweitung des Durchrechnungszeitraumes für die Mindestverzinsung von fünf auf sieben Jahre vorsieht. Wie berichtet sind die Pensionskassen wegen der drei schlechten Börsenjahre in Folge heftig ins Trudeln geraten. Die Performance der letzten drei Jahre lag bei minus 6,08%, das Jahr 2002 allein schloss mit einem Rückgang von 6,30%. Die Pensionskassen sind gezwungen, die Lücken aus Eigenmitteln aufzufüllen. "Das Pensionskassensystem muss nachhaltig etabliert werden, wir halten die Novelle daher für sinnvoll und notwendig", so Grünbichler. Alle müssten einen Beitrag leisten. Dass die Pensionskassen in der Vergangenheit den Kunden etwas vorgegaukelt hätten, wies Grünbichler zurück. Er wünscht sich jedoch, dass bezüglich der Renditeerwartungen mehr Realismus einkehrt. "Das betrifft auch Versicherungen und Fonds", betonte Grünbichler."
FMA will "bissiger" gegen Insider vorgehen
Weitere Wünsche: Die FMA will schärfere Waffen bei Insiderverfahren. Im vergangenen Jahr wurden 18 (nach 13) diesbezügliche Untersuchungen eingeleitet, es gab jedoch nur 3 Strafanzeigen und keine einzige gerichtliche Verurteilung in 1. Instanz. Der Strafrahmen ist derzeit mit 20.000 Euro begrenzt - zu niedrig, befindet man in der FMA. "Wir wollen bissiger werden", betonte Pribil. Dazu sei es nötig, dass Insidervergehen ins Verwaltungsstrafverfahren eingehen. Und dass die FMA befugt werde, Vor-Ort-Prüfungen bei Emittenten vorzunehmen und Einsicht in Aufzeichnungen von Telefongesprächen und Datenübermittlungen nehmen zu können. Im Vorjahr wurden seitens der FMA insgesamt 3.151 (nach 2.953) Routineanalysen wegen Auffälligkeiten an der Börse durchgeführt.
In der FMA, die im April 2002 ihre operative Tätigkeit aufgenommen hat, beaufsichtigen 165 Personen 900 Kreditinstitute, 120 Versicherungsunternehmen, 20 Pensionskassen, 340 Wertpapierdienstleister, 23 Kapitalanlagegesellschaften, 90 Aktienemittenten und die Wiener Börse.
http://www.fma.at