Die Steuerzahler müssen derzeit tief in die Tasche greifen, um vom Sinken bedrohte Finanzflaggschiffe vor dem Untergang zu bewahren. Zugunsten der Aktionäre. Das ist falsch.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Was bekommen die US-Steuerzahler für ihr Geld, das nun für die Rettung der Genies ausgegeben wird, die einige der führenden Finanzinstitute der USA in den Abgrund gewirtschaftet haben? Vom Finanzministerium sollen Fannie Mae und Freddie Mac 300 Milliarden Dollar bekommen - aber was haben die Menschen in den USA davon? Die Antwort ist, fürchte ich: Sehr wenig, außer der Erleichterung, dass dadurch die Bedrohung einer viel ärgeren Krise abgewendet wird.
Dass der große Crash noch einmal - vorläufig - vermieden werden konnte, darüber bin ich froh, aber diese Sanierungen sind wie "No-Document"-Darlehen an Kreditnehmer, die eigentlich sagen: "Gib mir ein paar Milliarden oder ich ruiniere das internationale Finanzsystem."
Die US-Notenbank und das Finanzministerium sollten lernen, besser zu verhandeln, damit den Steuerzahlern der USA in ein paar Monaten nicht schon wieder in die Tasche gegriffen wird, um die nächste Gruppe von verschwenderischen Finanzfachleuten zu retten. Der Kongress sollte das Fannie-und-Freddie-Paket jedenfalls noch kritisch hinterfragen.
Die Fortsetzung dieses Zeitlupen-Crashs steht möglicherweise schon vor der Tür: Als Nächstes kommen die Banken dran. Man muss sich nur die Zahlen ansehen (von Anfang dieser Woche): Wachovia im Laufe des letzten Jahres um 81 Prozentpunkte gefallen, Citigroup um 71, Sun Trusts um 69, und 92 sind es bei Washington Mutual, der größten Sparkasse und Kreditanstalt der USA.
Wenn diese Banken in den Bankrott schlittern sollten, dürfen sie dann auch am Diskont-Schalter der US-Notenbank zulangen, wie Bear Sterns? Bekommen sie auch eine Kapitalspritze angeboten, wie Fannie und Freddie? Die beunruhigende Antwort ist, dass die Sanierungen wahrscheinlich den Instituten vorbehalten bleiben, die groß genug sind, dass allgemeiner Schaden entstehen kann. Leer ausgehen werden hingegen vermutlich die Kleineren, deren Zusammenbruch relativ ruhig vor sich geht.
Wir erleben das Entstehen einer neuen Finanzstruktur, jedoch einer sehr notdürftigen, der jedes Mal, wenn eine neue Katastrophe droht, wieder etwas hinzugefügt wird. Den Finanzkrisen der Dreißigerjahre haben die USA ein Regulierungssystem zu verdanken, das 50 Jahre lang geholfen hat, den Wohlstand zu sichern. Heute hingegen haben wir eine Kraut-und-Rüben-Feuerwehr: Die Notenbank und das Finanzministerium begießen die Finanzmärkte jedes Mal, wenn irgendwo ein Feuer ausbricht - mit dem Ergebnis, dass das gesamte System sich mittlerweile aufzuweichen beginnt.
Bevor sich das fortsetzt, sollten wir über Richtlinien für die Regierung nachdenken. Der Ausgangspunkt ist, dass dieser Unternehmenssozialismus - sogar das "Wall Street Journal" nennt das so - Fairness, Transparenz und Stabilität bringen sollte. Im System, das gerade kaputtgeht, sind die Aktionäre und die Belegschaften die Gewinner und die Steuerzahler die Verlierer. Das ist falsch.
Der US-Kongress ist für mehr Regulierungsmaßnahmen. Bei schlechter Planung könnten diese jedoch die Lage verschlimmern. Fannie und Freddie hatten ihre eigene Aufsicht, das Office of Federal Housing Enterprise Oversight. Dieses hat in den letzten Jahren viele Prüfungen durchgeführt, viele Risiken hat es jedoch nicht erkannt. Und selbst wenn es auf die wahren Probleme gestoßen ist, ist es beim Kongress damit oft abgeblitzt. Die beste Reform ist letztlich wohl, die Finanzmanager mehr Risiko tragen zu lassen.
Übersetzung: Redaktion