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Mehr Schulden tun natürlich weh - mehr Transparenz war aber überfällig

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Österreich ist an diesen Donnerstag nicht ärmer geworden - auch wenn die statistische Revision ein größeres Haushaltsloch und einen höheren Schuldenberg ergeben hat. | Ärmer ist das Land allenfalls an Illusionen: Denn am Ende des Tages sind und bleiben Schulden Schulden - egal, wie hübsch verpackt oder kreativ ausgegliedert sie sein mögen. Spätestens jetzt sollte ein europaweites Umdenken einsetzen: Es ist nicht nur das als Staatsschuld zu werten, was "Maastricht-relevant" ist und deshalb (leider, leider) ins Defizit und die Schuldenquote gerechnet werden muss.


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Es geht schließlich nicht darum, Brüssel (oder Eurostat in Luxemburg) ein Schnippchen zu schlagen, sondern: Verpflichtungen und Risiken, die der Staat oder der öffentliche Sektor eingehen, müssen als solche gehandhabt werden. Sie lassen sich nicht mit statistischen Spitzfindigkeiten wegargumentieren. Die Revision der Eurostat-Vorgaben ist deshalb ein positiver Schritt, aber längst nicht das Ende der Fahnenstange. Gemeinden, Länder und Staaten können immer noch kreative Wege finden, die Statistik zu unterlaufen.

Lehre aus Athens Drama

Keine Frage: Wenn Defizite und Schulden hinaufrevidiert werden, so ist das schmerzhaft (für etliche Länder übrigens noch viel mehr als für Österreich). So bitter die Konsequenzen für Staaten sein mögen, deren ohnedies schon übergroßer Sanierungs- und Spardruck jetzt noch einmal steigt: Der Schritt zu mehr statistischer Aufrichtigkeit war notwendig und richtig.

Schon allein aus Geboten der Fairness und Glaubwürdigkeit können die EU und mehr noch die Eurozone nicht erlauben, dass einzelne Länder mehr als andere tricksen, um ihre Zahlen besser darzustellen. Die EU kann nicht strengere Spielregeln beschließen, um die Schuldenkrise beizulegen - und zugleich zulassen, dass einzelne Mitgliedstaaten diese viel salopper interpretieren als andere.

Diese Lehre aus den jahrelang geschönten Budgetzahlen in Griechenland, welche die Euro-Schuldenkrise überhaupt erst ins Rollen gebracht haben, ist überdeutlich: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Dass es keinen guten Zeitpunkt für so eine Kurskorrektur geben kann, ist klar.

Kurzfristig sind die Schmerzen noch höher, wenn großer Spardruck auf den Ländern lastet. Langfristig sollte sich der Schritt dennoch auszahlen. Bisher hat sich die Euro-Krisenspirale nämlich ausschließlich nach unten gedreht; ein Land nach dem anderem hat Probleme bekommen. Jetzt ist ein Boden erreicht, der Kreis der Sorgenkinder scheint mit Griechenland, Irland und Portugal einigermaßen scharf umrissen.

Allmählich sollte eine Aufwärtsspirale möglich sein: Transparenz schafft Glaubwürdigkeit. Diese ist nötig, damit Investoren einer Region vertrauen. Und ein attraktiver Markt macht sich langfristig bezahlt - durch Mittelzuflüsse und somit günstige (Zins-)Konditionen.

Siehe auch:Der nächste Tiefschlag folgt 2014