Österreich muss bis Herbst 2021 die neue Whistleblower-Richtlinie der EU in nationales Recht umgesetzt haben: Bis dahin müssen Unternehmen bereits ab 50 Mitarbeitern Whistleblowing-Systeme eingerichtet haben.
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Die neue Whistleblower-Richtlinie der Europäischen Union (genau: RL 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) sieht vor, dass Unternehmen ab einer Personalstärke von 50 Mitarbeitern verpflichtet sind, interne Meldekanäle (Whistleblowingsysteme) einzurichten. Die nationale Umsetzung in Österreich hat bis Herbst 2021 zu erfolgen. Sämtliche Unternehmen des öffentlichen wie auch des privaten Sektors werden dazu verpflichtet, Kanäle und Verfahren für interne Meldungen und Folgemaßnahmen zu schaffen.
Durch diese Systeme sollen Mitarbeiter die Möglichkeit haben, anonym Verstöße gegen unionsrechtliche Normen an firmeninterne Einrichtungen zu melden beziehungsweise in weiterer Folge auch öffentlich bekannt zu machen, ohne Konsequenzen (die Richtlinie spricht vom "Verbot vor Repressalien") befürchten zu müssen.
Wie diese Meldekanäle genau auszusehen haben, legt die Richtlinie nicht fest. Die Systeme können Meldungen in schriftlicher und/oder mündlicher Form vorsehen. Sie müssen aber jedenfalls so konzipiert sein, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und dritter Personen, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt bleiben (Anonymität). Nicht befugte Mitarbeiter dürfen auf die Inhalte des Systems keinen Zugriff haben.
Zudem muss das Meldesystem so gestaltet sein, dass der Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen nach dem Eingang der Meldung eine Bestätigung darüber erhält. Nach drei Monaten ab Erhalt der Meldungsbestätigung hat dann eine weitere Rückmeldung an Hinweisgeber zu erfolgen.
Vertraulichkeitsgebot und Verbot von Repressalien
Meldekanäle können intern errichtet und von betriebsinternen Personen oder Abteilungen betrieben werden. Es ist nach der Richtlinie aber auch möglich, dass diese Kanäle von (externen) Dritten zur Verfügung gestellt werden. Zudem haben die Mitgliedstaaten zuständige Behörden zu benennen, die befugt sind, Meldungen entgegenzunehmen, Rückmeldung zu erstatten und entsprechende Folgemaßnahmen zu ergreifen. Die Richtlinie nennt diese Behörden "externe Meldekanäle".
Genau definiert die Richtlinie hingegen, was als "Verstoß gegen unionsrechtliche Normen" zu verstehen ist. Darunter fallen unter anderem rechtswidrige Zuwiderhandlungen gegen Regelungen, die das öffentliche Auftragswesen, Produktsicherheit, Umweltschutz, Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz sowie den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz betreffen.
Wichtige Grundsätze, sowohl für interne als auch externe Meldungen, sind das Vertraulichkeitsgebot (Schutz der Anonymität des Hinweisgebers) sowie das Verbot von Repressalien. Nach dem Verbot von Repressalien dürfen Mitarbeitern keine nachteiligen Folgen daraus erwachsen, dass sie als Hinweisgeber einen Verstoß gemeldet haben. Als Repressalien gelten dabei insbesondere Suspendierung, Kündigung, Versagung einer Beförderung, Versetzung, Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, sonstige finanzielle Sanktionen oder weitere Disziplinarmaßnahmen.
Auch die Androhung und der Versuch der Verhängung von Repressalien sind nach der Richtlinie verboten. Wie Österreich diese Bestimmung zum Verbot von Repressalien im Detail umsetzen wird, ist noch nicht klar. Zudem überlässt die Richtlinie auch die Regelung der Folgemaßnahmen nach einer (internen) Meldung den Mitgliedsstaaten.
Möglichkeit, sich an die Öffentlichkeit zu wenden
Jeder Mitarbeiter hat als Hinweisgeber weiters auch die durch die Richtlinie geschützte Möglichkeit, sich an die Öffentlichkeit zu wenden (Offenlegung). Dies soll aber nur möglich sein, wenn zunächst eine interne oder externe Meldung erfolgt ist und innerhalb von drei Monaten ab Bestätigung der Meldung (in hinreichend begründeten Fällen, innerhalb von sechs Monaten) keine geeigneten Maßnahmen unter anderem zur Überprüfung der Stichhaltigkeit ergriffen wurden.
Eine Veröffentlichung durch die Richtlinie ist auch geschützt, wenn hinreichend Grund zur Annahme besteht, dass es zu einer unmittelbaren oder offenkundigen Gefährdung öffentlicher Interessen kommt (beispielsweise Notsituationen oder bei irreversiblen Schäden). Des Weiteren ist eine Offenlegung gestattet, wenn durch eine etwaige externe Meldung mit Repressalien zu rechnen ist. In jedem dieser Fälle kann sich ein Hinweisgeber geschützt durch die Richtlinie direkt an die Öffentlichkeit wenden.