Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Am 25. Mai betrat ein Mann eine Volksschule in St. Pölten und tötete seinen siebenjährigen Sohn mit einem Kopfschuss. Der 37-Jährige war der Polizei bekannt, die Wohnung seiner Familie durfte er wegen häuslicher Gewalt nicht betreten. Nur: Davon wusste an der Schule niemand etwas, man ließ ihn zu seinem Sohn. Nachdem er diesen getötet hatte, richtete er sich selbst.
Diese Bluttat hat viele erschüttert, der Ruf nach mehr Schutz für Opfer häuslicher Gewalt wurde laut. Das Innenministerium reagierte, indem es eine "Task Force" Vorschläge zur Verbesserung des Gewaltschutzes erarbeiten ließ. Nun soll die Wegweisungspflicht vom Eigenheim auf Schule, Kindergarten, Hort, wenn nötig auch auf Krankenhaus und Arbeitsplatz ausgeweitet werden, zudem soll die Polizei sofort einschreiten können und nicht erst, wenn das potenzielle Opfer die Durchsetzung des Betretungsverbots verlangt. Und Schulen oder Kindergärten sollen darüber informieren werden dürfen, dass eine solche Verfügung besteht.
Opferschutzeinrichtungen begrüßen die räumliche Ausweitung des Betretungsverbots, doch bei der Informationspflicht sind sie uneins. Schließlich geht es um hochsensible Daten, und nicht immer ist ein häuslicher Streit ein Anzeichen dafür, dass Feuer am Dach ist.
Hier ist die Politik gefordert, sie sollte Opferschutzeinrichtungen frühzeitig in die Diskussionen einbeziehen. Denn wer informiert wen und wann, darf die Polizei die Fall-Dokumentation weitergegeben, werden dadurch Kinder stigmatisiert oder Lehrer überfordert? Noch sind viele Fragen offen. Bevor die erforderlichen Änderungen im Sicherheitspolizeigesetz sowie in der Exekutionsordnung durchgeführt werden, muss noch viel geklärt werden. Doch wie hätte eine Tragödie wie jene in St. Pölten durch stärkere Regelungen verhindert werden können? Denn auch wenn die Schule gewusst hätte, dass der Familienvater gewalttätig war: Er hätte sich - bewaffnet, wie er war - mühelos Zugang zu seinen beiden Kindern (auch die Tochter besucht die Schule) verschaffen können. Und Metalldetektoren beim Schultor erscheinen kaum praktikabel: In den USA gibt es diese meist, und hier passieren die meisten Gewaltverbrechen dieser Art.
Schließlich hätte auch das Wegsperren des Täters in Untersuchungshaft, wie das im Fall St. Pölten viele im Nachhinein gefordert haben, nicht viel gebracht. Für eine langfristige Haft hatte er sich zu wenig zuschulden kommen lassen. Notwendig erscheint viel eher eine Ausweitung des Schutzes für Opfer von häuslicher Gewalt. In welcher Form, muss noch ausführlich diskutiert werden.