Konsumentenschützer gewinnen Match gegen Bank.
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Wien. Als den Kreditkunden der Raiffeisenbank Graz-Straßgang vor drei Jahren Post ihres Bankinstitutes ins Haus flatterte, war der Inhalt für viele ein Schock. "Als Auswirkung der auf die globale Finanzmarktkrise zurückzuführenden Veränderungen am Geld- und Kapitalmarkt und den daraus resultierenden erhöhten Liquiditätskosten bzw. Refinanzierungskosten ist es uns derzeit nicht mehr möglich, den vereinbarten Aufschlag zum vereinbarten Referenzzinssatz darzustellen."
OGH beendete jahrelangen Rechtsstreit
So lapidar teilte die Bank ihren Kunden mit, dass sie den Kreditzins-Zuschlag mit 1. September 2010 von einem halben auf zwei Prozent anhebt. Gleichzeitig wurde mit dem Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) den Kunden mitgeteilt, dass diese Änderung "als wirksam vereinbart gilt, wenn nicht innerhalb von acht Wochen ein schriftlicher Widerspruch bei uns eingelangt ist". Einige verärgerte Bankkunden baten die Arbeiterkammer Steiermark um Hilfe, und diese beauftragte den Verein für Konsumenteninformation (VKI), mittels einer Verbandsklage die Rechte der Konsumenten durchzusetzen.
Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit durch alle Instanzen, der nun durch den Spruch des Obersten Gerichtshofes (OGH) beendet wurde. Sein Urteil: Sowohl die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch das konkrete Schreiben an die Kreditkunden der Bank waren gesetzwidrig. "Die Klausel würde im Rahmen einer sogenannten Erklärungsfiktion unbeschränkte und nicht näher definierte Entgelt- und Leistungsänderungen erlauben, was weder sachlich gerechtfertigt noch ausreichend transparent ist", so die Höchstrichter.
"Nicht nur die Änderung der vom Kunden zu entrichtenden Entgelte wird ermöglicht; es könnten auch alle von der Bank geschuldeten Leistungen ohne irgendeine Einschränkung geändert werden", geben die Höchstrichter zu bedenken. "Der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) lässt Erklärungsfiktionen für weitreichende, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffende Änderungen schon seit Jahren nicht mehr zu", weiß Rechtsanwalt Stefan Langer, der den VKI in dem Verfahren vertreten hat. "Begründet wurde das schon damals damit, dass sonst die Klausel in der praktischen Anwendung auf eine einseitige, inhaltlich nicht eingegrenzte Änderungsbefugnis des Unternehmers hinauslaufen würde."
Änderung nur im Einvernehmen
Und auch für Bettina Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Konsumentenschutz in der AK Steiermark, steht fest: "Dieser Aufschlag kann nur im Einvernehmen geändert werden. Eine einseitige Änderung führt dazu, dass der Konsument nicht mehr weiß, wie hoch die Belastung sein wird, die Bank jedoch ihren Anspruch laufend ändern könnte." Nach dieser Logik wäre es tatsächlich sinnlos, vorab einen Vergleich der Kredit-Bedingungen vorzunehmen, da ja der "Gewinnaufschlag" der Banken jederzeit geändert werden könnte.
"Die Arbeiterkammer war immer der Ansicht, dass sowohl die Bank als auch der Konsument vor dem Abschluss des Kreditvertrages wissen müssen, unter welchen Bedingungen der Kunde sich die Kreditvergabe leisten kann. Mit diesem Urteil hat der OGH unsere Ansicht nun bestätigt", freut sich Schrittwieser.
"Aus meiner Sicht ist durch das Urteil des OGH klar, dass die Banken den Kunden die erhöhten Zinsen zurückzahlen müssen, weil sie sich nicht auf eine wirksame Rechtsgrundlage für diese Änderungen berufen können", stellt Anwalt Langer fest. Alle Kunden, die einen noch laufenden Kreditvertrag haben, müssen demnach bis längstens 31. März 2014 die Erhöhung rückerstattet bekommen. "Das muss die Bank von sich aus leisten, die Bankkunden müssen selbst nichts unternehmen", betont Schrittwieser. Kunden, die den Kredit bereits abgedeckt haben, müssen sich aktiv mit der Bank in Verbindung setzen. "Die Arbeiterkammer wird die Bank aber auffordern, auch all jene Konsumenten, deren Kreditvertrag seit 1. September 2010 abgelaufen ist, von sich aus zu kontaktieren", kündigt Schrittwieser an.
Der Bank dürften nach der rechtlichen Niederlage auch saftige Rückzahlungen ins Haus stehen. Die AK rechnet damit, dass insgesamt zirka eine Million Euro an die rund 1200 Bankkunden zurückgezahlt werden muss.