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Mehr Staat oder privat?

Von Erhard Fürst

Gastkommentare
Erhard Fürst war Leiter der Abteilung Industrie- und Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung.

In gewissen Bereichen stellt sich die Frage, ob eine gemeinsame Holding für öffentliche Beteiligungen an Unternehmen optimal ist.


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Man kann die Frage "Staat versus privat" abhandeln wie Kurt Bayer jüngst in der "Wiener Zeitung" (Gastkommentar vom 21. Oktober 2014): In der ÖIAG fuhrwerken und dilettieren private Manager, die öffentliches Eigentum wie die Telekom Austria verschleudern und hohe Gehälter kassieren. Die AUA ist ein Scherbenhaufen, die einst stolze OMV ein Desaster. Und man kann der Meinung sein, dass die öffentliche Hand nicht schlechter wirtschafte als private Unternehmen, vorausgesetzt die Verantwortlichen folgen einer nebulosen "übergeordneten Ethik" und arbeiten unter Transparenz und Kontrolle nach "am Gemeinwohl orientierten Vorgaben".

Man kann aber auch differenzierter argumentieren. Öffentliches Eigentum an Unternehmen, vor allem an solchen, die im nationalen und internationalen Wettbewerb stehen, ist grundsätzlich problematisch, weil der Staat kein weiser Wohltäter ist, sondern durch Politiker handelt, die in der Regel Wählerstimmen maximieren wollen und nicht primär die langfristigen Unternehmensinteressen im Auge haben. Unzählige Studien belegen dies ebenso wie die Erfahrungen der Staatskapitalländer, natürlich nur für den Durchschnitt und nicht für jeden Einzelfall.

In Österreich gilt dies für OMV und sonstige große Energieversorger, für die Telekom Austria, für die Post und weniger eindeutig für nicht wettbewerbliche Unternehmen wie die Asfinag, die ÖBB (außer deren Gütertransportsparte) oder sonstige Infrastrukturbetreiber. Daher stellt sich die Frage, ob eine gemeinsame Holding für öffentliche Beteiligungen an Unternehmen beider Kategorien optimal ist.

Die Übernahme der hoch verschuldeten und alleine nicht überlebensfähigen AUA durch eine potente ausländische Fluglinie ist eher ein Glücksfall für den Wirtschaftsstandort Österreich denn ein Scherbenhaufen, wenn man die aktuellen Probleme nationaler "Schwanzflossen" und das Schicksal der "stolzen" Swissair betrachtet. Und heute ein Urteil über die "Verschleuderung" der Telekom Austria an América Móvil zu fällen, ist kühn. Vieles spricht dafür, dass der Investor Carlos Slim der Telekom unter Nutzung ihres Know-hows in Mittel- und Osteuropa eine weitere Expansion in neue Märkte und Geschäftsfelder ermöglichen und damit ihr Überleben im entstehenden europäischen digitalen Binnenmarkt sichern wird.

Die ÖIAG-Reform unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel war ein mutiger Versuch, nach dem durch die Politik verursachten Desaster der verstaatlichten Industrie den politischen Einfluss nachhaltig zurückzudrängen. Er war zu radikal, weil er die Eigentümerrechte des Staates exzessiv beschnitten hat. Außerdem kann in einem kleinen Land wie Österreich die unbeschränkte Selbsterneuerung des ÖIAG-Aufsichtsrates problematisch sein.

Daraus den Schluss zu ziehen, die ÖIAG müsse wieder dem "Primat der Politik" unterstellt werden, ist eine gefährliche Drohung. Vielmehr sind kreative Modelle der Aufsichtsratsbestellung gefragt. Warum nicht zum Beispiel der Bundesregierung das Recht auf Dreiervorschläge zugestehen, aus denen dann ein international besetztes Fachleutegremium in einem transparenten Verfahren auswählt?