Die sieben reichsten Länder der Welt haben beschlossen, dass Konzerne künftig eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent bezahlen sollen. Ob dies tatsächlich mehr Fairness bringen wird, ist noch offen, meint Ökonom Hannes Winner.
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Konzerne richten ihre Strukturen danach aus, dass sie Steuern zahlen, wo dies am günstigsten ist. In den vergangenen Jahrzehnten haben insbesondere die großen Technologie-Firmen immer größere Teile ihres Gewinns aus Patenten, Software oder Lizenzeinnahmen, die auf geistigem Eigentum basieren, daher in Steueroasen verlegt.
Vielen Staaten mit höheren Unternehmenssteuern entgehen so allerdings enorme Einnahmen, die sie - aufgrund der Corona-Krise derzeit besonders - schmerzlich vermissen. Nun haben sich die G7-Staaten, die sieben reichsten Länder der Welt, auf eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent geeinigt.
Unternehmen sollen demnach künftig nicht nur an ihrem Sitz zur Kasse gebeten werden, sondern auch dort, wo sie viel Geld verdienen. Das gilt für Konzerne mit einer Gewinnmarge von mehr als zehn Prozent. Über diese Marge hinausgehende Gewinne sollen zu 20 Prozent in den jeweiligen Ländern versteuert werden.
Wie schätzen Experten den G7-Vorstoß ein? Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" meint Hannes Winner, Wirtschaftsprofessor an der Universität Salzburg: "Ob die 15 Prozent globale Mindeststeuer für Unternehmen nun zu wenig oder zu viel sind, hängt vom Standpunkt ab. Für die USA, die mit einem enormen Haushaltsdefizit planen, ist es zu wenig. Für Irland, das derzeit mit seinen niedrigen Unternehmenssteuern von 12,5 Prozent als Standort in der EU punktet, wahrscheinlich zu viel." Man könne nicht eindeutig sagen, ob die Einigung gut oder schlecht sei, so Winner, lägen die Tücken doch im Detail. "Sie ist definitiv ein erster großer Schritt, dass Unternehmen ihren fairen Steueranteil bezahlen", so der Ökonom. "Der Steuerwettbewerb, ob dieser derzeit nun fair oder unfair ist, wird aber jedenfalls stark beschränkt."
Drei Milliarden Euro für Österreich?
Österreichs Finanzministerium rechnet mit Mehreinnahmen von drei Milliarden Euro infolge der Mindeststeuer. Wie kommt man auf diese Summe?
Hannes Winner nennt eine mögliche Quelle: "Das EU Tax Observatory, ein Thinktank der EU in Steuerfragen, hat ein Hintergrundpapier dazu für alle EU-Länder veröffentlicht. Demnach gewinnt jedes EU-Land aufgrund dieser Steuer. Österreich würde zusätzlich drei Milliarden Euro einnehmen und sogar Irland um 7,2 Milliarden Euro mehr. Die irische Regierung selbst geht jedoch von einem Verlust von zwei Milliarden Euro aus." Das zeige das Problem bei dieser Berechnung, die offenbar davon ausgehe, dass alles bleibt, wie es momentan ist, so Winner. "Es sind darin keine Anpassungen einkalkuliert, etwa, dass Unternehmen abwandern, wovon die Iren selbst aber, wie es scheint, ausgehen." Wie viel die einzelnen Länder von der Mindeststeuer tatsächlich profitieren würden, sei derzeit schwer zu sagen, da "noch nicht ausverhandelt ist, welche Bemessungsgrundlagen und Ausnahmeregelungen gelten werden und vor allem, wo die Besteuerungsrechte anfallen", gibt er zu bedenken.
Steuergerechtigkeit nur für reiche Länder?
Ist der Vorstoß der G7 tatsächlich ein Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit? Die Vereinigung Attac, die sich seit 20 Jahren für mehr Steuergerechtigkeit einsetzt, meint, die Pläne der G7 würden ärmere Staaten benachteiligen.
Winner meint dazu: "Die G7-Einigung begünstigt reichere Länder eher als Entwicklungsländer, da die "Wohnsitz"-Länder der Konzerne hiervon wohl am meisten profitieren werden. Das sind die Industriestaaten, vor allem die USA, wo die großen Tech-Konzerne ihre Sitze haben. Entwicklungsländer hingegen besteuern Unternehmen im Allgemeinen höher, weil sie weniger Konsum zum Besteuern haben."
Der Wirtschaftsprofessor meint jedoch abschließend: "Letztlich wird es auch hier davon abhängen, ob den Entwicklungsländern nennenswerte Besteuerungsrechte zukommen."