Forschungsgruppe wertete erstmals Daten getöteter Mittelmeer-Bootsflüchtlinge aus.
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Amsterdam. Jedes Jahr setzen hunderttausende Flüchtlinge mit seeuntauglichen Booten ihr Leben aufs Spiel, um über das Mittelmeer von Afrika nach Europa zu gelangen. Die weitaus meisten Toten würden nie gefunden. Von 1990 bis 2013 wurden 3188 Tote registriert. Zum Vergleich: Allein bei der jüngsten Schiffs-Katastrophe im April starben rund 800 Menschen, 24 wurden geborgen.
Forscher der Freien Universität Amsterdam haben nun aber erstmals die Daten der aus dem Mittelmeer gezogenen Flüchtlingsleichen zusammengetragen und ausgewertet. Dabei griffen sie auf kommunale Sterberegister von 563 Orten in Südeuropa 1990-2013 zurück.
Ergebnis der am Dienstag in Den Haag präsentierten Studie: Die Zahl der Toten ist seit der strengeren Überwachung der EU-Außengrenzen in Südeuropa deutlich gestiegen.
Seit dem Jahr 2000 sind demnach im Schnitt jährlich doppelt so viele Tote an den Küstenorten gefunden worden als noch in den 1990er Jahren. Der Flüchtlingsstrom nahm laut der Analyse durch strengere Überwachungsmaßnahmen nicht ab, sondern verlagerte sich nur. "Flüchtlinge nehmen gefährlichere Routen und noch unsichere Boote, sagte der Leiter des Forschungsprojekts, Professor Thomas Spijkerboer. Insgesamt gebe es das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer seit 25 Jahren. "Europäische Politiker haben weggeschaut." Erst durch die Aufmerksamkeit der Medien würden die Boote jetzt gesehen. Der Niederländer plädiert für die Einführung eines zentralen EU-Registers von Flüchtlingstoten und -vermissten.
Zur Studie "Border Deaths"
Website: The Human Costs of Border Control (HCBC)