Datum zu früh festgelegt. | Beitritt 2007 mit Schutzklauseln. | Straßburg. Die EU hat sich in eine unangenehme Lage gebracht. Das wird wohl Auswirkungen auf künftige Erweiterungsschritte haben. Denn obwohl sie vor allem für die Beitrittsreife Bulgariens weiterhin ein düsteres Bild zeichnet, bestätigte die EU-Kommission gestern, Dienstag, dass es gemeinsam mit Rumänien am 1. Jänner 2007 der EU beitreten könne - "vorausgesetzt, dass die beiden Länder einige offene Angelegenheiten erledigen".
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Daraus sollte für die Zukunft gelernt werden, mahnen EU-Parlamentarier fraktionsübergreifend. Als "falsch und sinnlos" bezeichnete der SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda die vorschnelle Festsetzung des Beitrittsdatums. Denn nun bleibe nur noch die Ausarbeitung von Sicherheitsklauseln für im Herbst nicht erfüllte Bedingungen, ergänzte ÖVP-Kollege Hubert Pirker.
Zwar haben Bulgarien und Rumänien schöne Fortschritte gemacht, erklärten Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Erweiterungskommissar Olli Rehn. Tatsächlich hat sich die Zahl der mangelhaften Bereiche seit Herbst 2005 für Bukarest von 16 auf vier verringert und von 14 auf sechs für Sofia. Während Rumänien aber lediglich noch mit eher technischen Problemen zu kämpfen habe, mangle es in Bulgarien an Maßnahmen gegen die weit verbreitete organisierte Kriminalität, die hochrangige Korruption und die Geldwäsche.
Spätestens Anfang Oktober will die Kommission die Kandidaten erneut bewerten und "beurteilen, ob das Beitrittsdatum beibehalten werden kann". Von einer Verschiebung auf 2008 ist allerdings keine Rede mehr. Vielmehr erläutert der Bericht ausführlich, welche Schutzklauseln bei Nichterfüllung der Bedingungen aktiviert werden könnten.
Eine strenge Beobachtung der beiden Länder bis zu drei Jahre über den Beitritt hinaus strebt die Kommission in weiterhin strittigen Bereichen an. Bei noch nicht ausreichend kontrollierten Tierkrankheiten in den beiden Ländern könnte es eine Sperre für alle mit den Tieren in Verbindung stehenden Produkte geben. Agrar- und Strukturhilfen könnten zurückgehalten werden. Und die bisherigen Mitgliedsländer müssten etwa Urteile aus Bulgarien nicht anerkennen und Haftbefehle nicht berücksichtigen, falls das Justizsystem nicht "ausreichend fortgeschritten" sei.
Diese Maßnahmen seien das "realpolitische Maximum" in der verfahrenen Situation, findet Pirker. Es dürfe "nie wieder ein Datum genannt werden, wenn ein Land die Beitrittsbedingungen noch nicht erfüllt hat", fordert er. Für den 1. Jänner 2007 sei aber nicht die EU-Kommission verantwortlich, sondern das haben die Mitgliedsstaaten "in ihrer Weisheit getan", sagte Swoboda. Die Union werde bei den Staaten am Westbalkan "vorsichtiger vorgehen". Schon der nächste "realistische" Kandidat Kroatien werde das zu spüren bekommen. Frühestens zwischen 2009 und 2011 werde es wohl beitreten. Danach werde es eine "automatische Pause von mehreren Jahren" geben.