Rehn will mehr Binnenmarkt. | Barroso hält Berlins Wunsch nach einer Vertragsänderung für "naiv und unmöglich". | Brüssel. Nach milliardenschweren Sicherheitsnetzen für Griechenland und den Euro fokussieren sich die EU-Spitzen zunehmend auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Eine Diskussion der Finanzmarktregulierung reiche nicht aus, sagte der österreichische Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen.
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Auf einem zeitgleich stattfindenden Wirtschaftsforum skizzierte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn seine Vorstellungen zu Vermeidung künftiger Krisen. Zwischen Deutschland, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman van Rompuy traten Spannungen zu Tage.
Nach den "Löscheinsätzen" dürften nicht die Hände in den Schoß gelegt werden, mahnte Rehn. Neben den um sich greifenden Sparprogrammen in den Mitgliedsländern müsse der Binnenmarkt speziell am Dienstleistungssektor endlich optimiert, die Arbeitsmärkte reformiert werden. Indirekt forderte er eine Senkung der Einkommensteuer, um Arbeiten attraktiver zu machen. Würden die Strukturreformen konsequent durchgeführt, sei bis 2015 ein jährliches Wachstum von mehr als zwei Prozent im Schnitt machbar, sagte der finnische Kommissar. Ansonsten sehe er das Limit bei 1,5 Prozent - wenn überhaupt.
Untätigkeit könne die Erholung bremsen, Massenarbeitslosigkeit einzementieren und zu einem verlorenen Jahrzehnt führen.
Van Rompuy plädiert unterdessen seit Freitag für die Einführung von Eurobonds. Doch der Begriff ist für Berlin ein rotes Tuch: Die Euroanleihe setze falsche Anreize, kritisierte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Sie belohne Mitgliedsstaaten mit unsolider Haushaltsführung. Auch will in Berlin niemand die Notgarantien der Euroländer bis zu einer Höhe von 440 Milliarden Euro in einem Atemzug mit den Eurobonds genannt hören. Vor allem die Begrenzung auf drei Jahre und die Beschränkung auf den Notfall wird als Unterschied betrachtet.
Wenig Verständnis hatte Brüderle für die Kritik von Kommissionspräsident Barroso an den deutschen Forderungen zur Vermeidung künftiger Krisen. Die aktuelle Situation zeige doch, dass der Status quo der Verfahren nicht zur Vermeidung von Fehlentwicklungen in den Mitgliedsstaaten und im Euroraum ausreiche, meinte er. Barroso nannte den deutschen Wunsch nach Vertragsänderungen "naiv" und den Stimmrechtsentzug für notorische Defizitsünder "verfassungsrechtlich fast unmöglich", so Barroso in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Ein klare Absage aus Österreich, Deutschland und Frankreich gab es indes für strengere Klimaschutzziele. Heute, Mittwoch, präsentiert Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard eine Analyse, wie eine Aufstockung von 20 Prozent weniger CO2 bis 2020 (gegenüber 1990) auf 30 Prozent bewerkstelligt werden könnte. Die Kommissarin verweist darauf, dass die Erreichung der Klimaziele wegen der Wirtschaftskrise und der gesunkenen Industrieproduktion leichter und günstiger zu erreichen sein werde, wie die "Wiener Zeitung" berichtete.
"Strikt dagegen" war schon vorab Mitterlehner: Man dürfe sich nicht vom Krisenjahr 2009 täuschen lassen, sagte er. "Mittelfristig haben wir mit dem 20-Prozent-Ziel alle Hände voll zu tun." Ähnlich kritisch äußerten sich Mitterlehners Kollegen aus Deutschland und Frankreich: Einseitige Schritte der EU würden die Wettbewerbssituation im internationalen Vergleich verschlechtern.