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Trotz des herrschenden Kultes um Bewegungen kann eine Partei die Wahl gewinnen.
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Die NGOs (Nichtregierungsorganisationen) bekommen scheinbare Konkurrenz. Entstanden aus dem Volk und gebündelt in Form von Initiativen oder Bewegungen, war und ist es ihr Bemühen, politisch dort anzusetzen, wo politische Parteien den Volkswillen missachten, Eigen- über Volksinteressen stellen oder auf eine demokratiepolitisch schiefe Bahn geraten. Ihre Anliegen und Forderungen stellen eine wichtige und notwendige Ergänzung einer lebendigen Demokratie dar und erzeugen mitunter beträchtlichen Druck auf Parteien.
Nun aber geben etliche Parteien vor, zu Bewegungen und Initiativen zu werden, allerdings in einer veränderten, problematischen Form. Gemeinsam ist diesen Bewegungsentdeckern nämlich nicht, dass sie etwa aus dem Volk heraus entstehen lassen oder ein ganz konkretes Begehren verfolgen. Mitunter verzichten sie auf Letzteres vollständig, wie Grünen-Urgestein Peter Pilz, der für seine zur Wahl antretende Initiative sogar bewusst auf ein Programm verzichtet. Vielfach werden nicht Ideen oder konkrete Ziele in den Vordergrund gestellt, sondern Personen. Dabei kann das Spektrum der bemühten Wahlmotive von jung und dynamisch bis sympathisch und fesch gehen, gleichsam wie auf einem Jahrmarkt, wo das Angebotene fein herausgeputzt wird.
Allerdings ist das hier Verkaufte nicht mehr als eine Verpackung, hinter der sich meist eine durch und durch übliche Parteistruktur mit all den damit verbundenen Interessen und Problemen verbirgt. Der Sinn des so dargebotenen Schauspiels besteht im Wesentlichen darin, den in der Vergangenheit aufgrund einer mangelhaften, mitunter auch korruptionsverdächtigen Eigeninteressenpolitik etlicher parteipolitischer Akteure zu Recht wahlmüde gewordenen Bürger eine scheinbare Alternative zum althergebrachten Parteisumpf anzubieten.
Aber die nun als Bewegung und Initiativen getarnten Parteien können keine Konkurrenz für die NGOs sein, denn sie sind nun einmal keine. Ihre Aufgabe in einer Demokratie ist eine völlig andere. Es sind politische Organisationen, die für ihre Ideen und Überzeugungen Gleichgesinnte suchen, um von Letzteren den Auftrag zu erhalten, genau diesen Inhalten und Ideen im Rahmen der Möglichkeiten einer parlamentarischen Demokratie zum Durchbruch zu verhelfen.
Daher brauchen wir trotz aller berechtigter Kritik an Parteien diese gerade jetzt. Allerdings brauchen wir Parteien, die ihre politische Praxis transparent gestalten, Inhalte offenlegen, sich an diese und an ein klar formuliertes Programm halten und - ungeachtet des Wahlerfolges - ihren Wählern gemäß dieser Inhalte verpflichtet bleiben.
Und wir brauchen endlich wieder parteipolitische Akteure, deren Handeln und Wirken von jener Wahrhaftigkeit geprägt ist, die notwendig ist, um wirkliches Vertrauen zu erwecken.
Die einzige Partei, die derzeit Ansätze zu dieser Art parteipolitischer Praxis zeigt, ist die SPÖ, deren Parteichef zumindest einige Weichen dafür gestellt hat. Allerdings scheint auch er innerhalb der agierenden Personen sowie der Parteistrukturen noch sehr viel Arbeit vor sich zu haben, um aus diesem Lüftchen einen Wind zu entfachen.