Ruß wirkt sich erheblich stärker auf den Klimawandel aus als angenommen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Asheville/Wien. Die Erde erwärmt sich weiter. 2012 war das zehntwärmste Jahr seit Beginn kontinuierlicher weltweiter Messungen 1880. Das berichtet das National Climatic Data Center, das für die US-Regierung tätige größte Klimadatenarchiv in Asheville, North Carolina.
Mit 14,4 Grad Celsius lag die globale Durchschnittstemperatur zu Land und zu Wasser um 0,57 Grad über der Durschnittstemperatur des gesamten 20. Jahrhunderts (13,9 Grad Celsius). Somit war das Vorjahr das 36. Jahr in Serie, in dem es mehr als durchschnittlich warm war. 1976 war es zum letzten Mal kühler als der Mittelwert. Das heißeste Jahr war 2010 mit 0,66 Grad über dem Mittel.
Die Forscher zählten zwölf außerhalb der Norm liegende Extrem-Wetterereignisse aufgrund des Klimaphänomens La Niña. Nach den beiden regenreichsten Jahren, 2010 und 2011, lagen die Regenfälle 2012 überall auf dem Globus im Mittelwert.
Alle Jahre von 2001 bis 2012 reihen unter den 14 wärmsten der vergangenen 133 Jahre. Zuvor war es einzig im Jahr des Jahrhundertsommers 1998 so warm wie in der letzten Dekade. Genau diese Tatsache sei ausschlaggebend: Ein Jahr für sich genommen sei unerheblich, sagte Klimaforscher Gavin Schmidt vom Goddard Institute for Space Studies (GISS). "Was zählt, ist, dass dieses Jahrzehnt wärmer war als das vorhergehende und dass jede Dekade wärmer war als die davor. Die Erde erwärmt sich." Das GISS, das die US-Welttraumbehörde Nasa in New York unterhält, hat die Daten vorgestellt. Messungen von rund 1000 Wetterstationen, der Antarktis-Station und Satellitendaten zur Oberflächentemperatur der Meere fließen in die Auswertungen ein.
"An Formulierungen wie ,eines der wärmsten Jahre‘ oder ,die wärmste Dekade‘ werden wir uns gewöhnen müssen", betont der Wiener Botaniker und Ökologe Georg Grabherr, Österreichs "Wissenschafter des Jahres 2012" im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Und er räumt ein: "Es können natürlich große regionale Unterschiede auftreten. André Berger, dem wir die Theorie der astronomisch bedingten Klimazyklen verdanken, brachte es in einer kleinen Runde in Brüssel auf den Punkt: The energy is here, das heißt durch die Zunahme von CO2 kommt mehr Energie in die Atmosphäre. Ich habe für meine Doktorarbeit nach diesen Prinzip Kohlendioxid gemessen und kann nur sagen: Es funktioniert."
Komplexes Zusammenspiel
Einer neuen Studie zufolge sind zudem Rußpartikel in weitaus größerem Ausmaß für den Klimawandel mitverantwortlich als angenommen. Der Einfluss der Teilchen auf die globale Erwärmung könnte in etwa doppelt so hoch sein, wie bisherige Schätzungen vermuten ließen, teilte die American Geophysical Union (AGU) am Dienstag mit. Ein internationales Team von 31 Wissenschaftern hat seine Ergebnisse aus vier Jahren Forschung im "Journal of Geophysical Research - Atmospheres" veröffentlicht. Demnach haben die vom Menschen erzeugten Rußpartikel den zweitgrößten Treibhauseffekt nach dem weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid. "Diese Studie bestätigt bisherige Forschungen und geht noch weiter", sagte Co-Autor David Fahey von der US-Wetter- und Klimabehörde (NOAA).
Die Art und Weise, wie Rußpartikel sich auf den Klimawandel auswirkten, sei allerdings sehr unterschiedlich und komplex. So könnten sie etwa von der Sonne kommende Wärme absorbieren oder auf Schnee und Eis fallen und diese zum Schmelzen bringen. Sie förderten jedoch auch die Wolkenbildung, was sowohl kühlende als auch erwärmende Effekte habe. Eine Reduktion der Rußpartikel-Emission könne der Klimaerwärmung entgegen wirken - allerdings bringe das nur dann etwas, wenn auch die Kohlendioxid-Emissionen verringert würden, so die Wissenschafter.