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Mehr zahlen für die Gesundheit

Von WZ-Korrespondentin Christine Zeiner

Europaarchiv
Der Entwurf zur Gesundheitsreform stammt aus seinem Haus - und nach dem Kabinettsbeschluss dazu sieht sich Minister Rösler mit seinen Plänen bestätigt. Foto: reu

Deckelung für Zusatzbeiträge fällt. | Kritik auch aus den eigenen Reihen. | Berlin. Hüftoperation, Zahnkontrolle, gebrochener Arm: Geht es nach der Regierung, wird die Gesundheitsversorgung für Deutschlands Versicherte ab nächstem Jahr teurer. Am Mittwoch hat das Kabinett in Berlin die Gesundheitsreform von Minister Philipp Rösler (FDP) beschlossen. An "unangenehmen Entscheidungen" komme er nicht vorbei, erklärte dieser.


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Elf Milliarden Euro werden den Krankenkassen voraussichtlich im kommenden Jahr fehlen. Und deshalb sollen die Beiträge wieder steigen. 14,9 Prozent vom Bruttolohn sind es derzeit, 15,5 Prozent werden es dann sein. Während allerdings der Anteil der Arbeitgeber von 7,3 Prozent dann bestehen bleibt, kann der Anteil der Arbeitnehmer von 8,2 Prozent weiter steigen.

Als Ende Jänner acht Krankenkassen angekündigt haben, bei den Versicherten Zusatzbeiträge einheben zu wollen, war die Aufregung groß. Auch die Kanzlerin war nicht begeistert. Dabei hatte sie selbst in der großen Koalition mitbeschlossen, dass Zusatzbeiträge von höchstens acht Euro oder einem Prozent des Bruttoeinkommens möglich sein dürfen. Außer zwei kleineren Kassen hatte das aber bis dahin keine der restlichen 200 gemacht. In Deutschland müssen sich Versicherungspflichtige ihre Krankenkasse selbst aussuchen.

Jetzt plant Gesundheitsminister Rösler, dass die Deckelung überhaupt fällt - obwohl er selbst Anfang des Jahres erklärt hatte, Zusatzbeiträge seien "unsozial". Dafür kündigt Rösler nun einen "Sozialausgleich" für den Fall an, dass eine Kasse mehr als zwei Prozent zusätzlich verlangt. Doch diese Pläne gefallen auch Teilen der Christdemokraten nicht: Die Finanzierung des Sozialausgleichs über Steuergelder bedeute Gerechtigkeit nach Haushaltslage, sagte der Vizechef der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler.

Unsozial, unsolidarisch

Besonders kritisch äußerte sich freilich neben der Opposition auch der Präsident des Sozialverbandes Deutschland: Der geplante Ausbau der Zusatzbeiträge widerspreche einer solidarischen Krankenversicherung und sei "hochgradig unsozial", sagte Adolf Bauer. Durch die Festschreibung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung werde das Solidarprinzip auf den Kopf gestellt.

Er hätte sich noch eine ganz andere "Geschwindigkeit der Veränderung" gewünscht, sagt dagegen Rösler. Eigentlich hatte der Minister aus den allgemeinen Beiträgen sogenannte Kopfpauschalen machen wollen. Doch diese Pläne ließen einen Aufschrei durchs Land gehen: Putzfrau und Bankdirektor könnten doch nicht den gleichen Betrag zahlen. Widerstand kam auch aus der, den Liberalen nicht gerade wohlgesonnenen, CSU - der in einem deftigen Wortwechsel mit der FDP gipfelte: "Die CSU ist als Wildsau aufgetreten, sie hat sich nur destruktiv gezeigt", hatte Staatssekretär Daniel Bahr erklärt. "Die entwickeln sich zur gesundheitspolitischen Gurkentruppe", konterte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Zweifel bei der CSU

Auch gestern kam nach dem Regierungsbeschluss prompt Kritik aus der CSU. Wegen der zunehmenden Alterung der Bevölkerung bezweifle er, so Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder, dass die geplanten Zusatzbeiträge das Gesundheitswesen dauerhaft stabilisieren können.

Feststeht indes, dass mit der Reform den gesetzlichen Krankenkassen finanzkräftige Mitglieder schneller abhanden kommen können: Gut verdienende Angestellte sollen schon nach einem Jahr mit einem bestimmten Einkommen in die private Krankenversicherung wechseln dürfen. Derzeit ist das erst ab einem Gehalt von 49.950 Euro und einem Übergang von drei Jahren möglich. Künftig kann man ab einem Gehalt von 49.500 die gesetzliche Kasse verlassen.

Das Parlament wird am 30. September über geplanten Änderungen beraten.