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Mehrere Wege zur Absoluten

Von Petra Tempfer

Politik

Ob der Stimmenanteil der ÖVP für die Absolute reicht, hängt damit zusammen, ob es Neos und die Grünen in den Landtag schaffen.


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St. Pölten. In den 15 niederösterreichischen Landtagswahlen der Zweiten Republik erreichte die Volkspartei nur viermal die 50-Prozent-Grenze nicht. Bei zwei Wahlen verfehlte sie die Absolute, und zwar bei der ersten Wahl des ehemaligen Landeshauptmanns Erwin Pröll 1993 und bei der darauffolgenden Wahl 1996. 2003 holte Pröll die Absolute zurück. Dass das auch so bleibt, stellt seine Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner in Frage. Heutzutage seien absolute Mehrheiten nicht mehr erreichbar, betonte diese schon mehrmals. Eine aktuelle Umfrage des "market"-Instituts im Auftrag der Tageszeitung "Der Standard" sieht die Volkspartei bei der niederösterreichischen Landtagswahl am 28. Jänner bei 46 Prozent (Schwankungsbreite 3,5 Prozent) - und damit könnte sich eine Absolute sehr wohl ausgehen.

Die Schlüsselfrage dabei sei allerdings weniger jene, "ob die Volkspartei ein Prozent mehr oder weniger bekommt", sagt dazu Politikwissenschafter Peter Filzmaier im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Da die Anzahl der Mandate entscheidend ist, gehe es vielmehr darum, wie viele der kleineren Parteien es in den Landtag schaffen. Grundsätzlich gibt es drei Szenarien. Je nachdem, ob Neos und/oder die Grünen in den Landtag kommen, müsste der Stimmenanteil der ÖVP zwischen rund 45 und 50 Prozent liegen, damit diese die Absolute behält.

Drei Szenarien

Die Absolute: Das bedeutet mehr als die Hälfte der insgesamt 56 Landtagssitze, also 29. Aktuell ist die ÖVP mit 30 Mandaten vertreten (SPÖ: 13, Team Stronach: 5, FPÖ: 4, Grüne: 4). Schaffen Neos und Grüne die Vier-Prozent-Hürde und somit den Einzug in den Landtag, "wird es für die ÖVP schwierig bis unmöglich", sagt Filzmaier. Dann bräuchte die Volkspartei nämlich rund 50 Prozent für die Absolute. Im Moment sitzt die ÖVP zwar ebenfalls gemeinsam mit kleineren Parteien im Landtag und hat dennoch die Absolute inne - laut "market"-Umfrage wird diesmal jedoch die FPÖ massiv an Stimmen und somit Mandaten gewinnen. Der Hochrechnung zufolge steigert diese ihren Anteil von 8,2 auf den Rekordwert von 17 Prozent. Und dann wird es für die ÖVP mit der absoluten Mehrheit der Mandate mehr als eng.

Zumindest laut "market"-Umfrage wäre dieses erste Szenario wahrscheinlich. Demnach gewinnt - neben der FPÖ - auch die SPÖ nach dem historischen Tiefstand vor fünf Jahren - und zwar von 21,6 Prozent auf 24 Prozent. Die Neos kommen bei ihrem ersten Antreten auf sechs Prozent. Die Grünen fallen zwar von zuletzt 8,1 Prozent auf fünf Prozent, wären somit aber noch immer im Landtag vertreten. Team Stronach tritt diesmal nicht mehr an, zwei Prozent würden für Kleinparteien bleiben.

Scheitern jedoch Grüne und Neos beide an der Vier-Prozent-Hürde (zweites Szenario), dann könnte bereits ein Stimmenanteil von 46 oder sogar 45 Prozent für die Absolute der ÖVP genügen, sagt Filzmaier. Denn dann müssten die Mandate lediglich unter den drei Großparteien aufgeteilt werden. Tritt das dritte Szenario ein und kommt eine der zwei kleineren Parteien in den Landtag, "liegt die Wahrscheinlichkeit der Absoluten irgendwo dazwischen".

Vor allem der Verbleib der Grünen im Landtag steht auf der Kippe - und das nicht erst seit der Nationalratswahl 2017, bei der es die Grünen auf Bundesebene nicht mehr ins Parlament schafften. Die Grünen hatten es in Niederösterreich immer schon schwer, speziell auf dem Land. Die Grünwähler gingen zwar eher strategisch vor, so Filzmaier, weshalb Bundes- und Landesebene nicht unbedingt vergleichbar seien - bei der Nationalratswahl hätten viele aus diesem Grund SPÖ gewählt. In Niederösterreich fehlten den Grünen aber grundsätzlich eine durchgängige Struktur und seit dem Ausscheiden von Klubchefin Madeleine Petrovic 2013 das imageverleihende Gesicht.

Aber auch die Neos führen bei ihrem Erstantritt in Niederösterreich einen Überlebenskampf, der sich vor allem auf die ländlichen Regionen konzentriert. In Wien-Nähe könnten die Neos von Zweitwohnsitzern profitieren, sagt Filzmaier. Etwa 400.000 Wahlberechtigte leben nur bis zu 20 Minuten von Wien entfernt.

Vom Team Stronach zur FPÖ

Dass das Team Stronach nicht mehr antritt, spiele vor allem der FPÖ in die Hände. Einerseits aufgrund der Themen wie Sicherheit, andererseits hafte der FPÖ noch das Image der Oppositionspartei an, sagt Filzmaier. Die ÖVP könnte ebenfalls von einem Teil der ehemaligen Team-Stronach-Wähler profitieren - und zwar auch indirekt: Viele waren Protestwähler und könnten nun in die Gruppe der Nichtwähler wechseln, was die Chance, die Absolute zu erreichen, hebt.

Die stärksten Parteien werden jedenfalls gemäß ihrer Stimmenanteile auf alle Fälle in der Landesregierung vertreten sein. Denn in Niederösterreich ist genauso wie in Oberösterreich eine Proporzregierung vorgesehen, bei der ab einer gewissen Größe im gewählten Landtag (in Niederösterreich zehn Prozent) eine Partei automatisch in der Regierung vertreten ist. Freie Koalitionsbildungen sind dadurch nicht möglich - in Niederösterreich gibt es jedoch ein freiwilliges Arbeitsübereinkommen mit der SPÖ. Das System war früher in jedem Bundesland bis auf Vorarlberg gängig, ist aber zunehmend umstritten. Zuletzt haben 2015 das Burgenland und die Steiermark auf freie Koalition umgestellt.