Valletta - Mit einer knappen Mehrheit von über 53 Prozent stimmten die EinwohnerInnen Maltas für einen Beitritt ihres Landes zur Europäischen Union. Bindend ist das Ergebnis des Referendums jedoch nicht. So kann die Opposition ihre Versuche fortsetzen, einen EU-Beitritt doch noch zu verhindern.
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Alfred Sant zog es vor, nicht zu wählen. Damit entschied sich der Vorsitzende der oppositionellen Labour Party für eine der drei Möglichkeiten, die die Partei ihren AnhängerInnen ans Herz gelegt hatte: beim EU-Referendum mit Nein zu stimmen, ungültig zu wählen oder die Teilnahme zu verweigern.
Nur wenige sind dem Beispiel Sants gefolgt. Die Wahlbeteiligung, die in Malta meist bei über 90 Prozent liegt, war auch am Samstag hoch. Rund 91 Prozent der über 290.000 Wahlberechtigten begaben sich zu den Urnen, um über einen EU-Beitritt abzustimmen. In einigen Bezirken fanden gleichzeitig Lokalwahlen statt. Mit knapper Mehrheit fiel das Votum zugunsten der Mitgliedschaft in der Europäischen Union aus. Ersten Hochrechnungen zufolge sprachen sich 53,5 Prozent der MalteserInnen dafür aus.
Entschieden ist der EU-Beitritt des Landes damit aber keineswegs. Denn sowohl die regierende Nationalist Party (PN) als auch die Opposition werden sich zur Wahlsiegerin erklären.
Der stellvertretende Ministerpräsident Lawrence Gonzi jubelte bereits nach Bekanntgabe der ersten Auszählungen: Das Ergebnis sei "großartig" für Malta, das am nächsten Tag "als ein Mitglied der EU aufwachen" werde. Doch auch Oppositionsführer Sant sah keinen Grund, von einer Niederlage seiner Partei zu sprechen. Er zeigte sich "glücklich" mit den über 46 Prozent Nein-Stimmen. Aber für den künftigen EU-Kurs des Landes werde erst die Parlamentswahl ausschlaggebend sein.
Diese müsste spätestens im Jänner 2004 stattfinden. Als wahrscheinlicher gilt jedoch, dass die Regierung einen Termin in sechs Wochen ansetzt. Sollte daraus die Nationalist Party mit Ministerpräsident Eddie Fenech Adami an der Spitze als Siegerin hervorgehen, wird sie den EU-Beitritt des Landes am 1. Mai 2004 forcieren. Gelangt jedoch die Labour Party an die Macht, könnte sie den Prozess aufhalten. So wie sie schon einmal, 1996, die Beitrittsverhandlungen gestoppt hat.
"Partnerschaft" bevorzugt
Doch selbst wenn die PN Regierungspartei bleibt, könnten ihr die SozialistInnen den Beitritt schwer machen. Denn dieser müsste mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament beschlossen werden, lautet die Argumentation der Labour Party. Die Opposition zieht ein "Partnerschafts"-Modell einer Vollmitgliedschaft in der Union vor. Unterstützt wird sie darin von der größten Gewerkschaft des Landes, der General Worker's Union, die die Gefährdung bestimmter Branchen innerhalb der EU befürchtet. Alfred Sant hat die Labour-AnhängerInnen bereits zu Protesten aufgerufen.
Auch wenn das Referendum keinen verbindlichen Charakter hat, war das Interesse am Ausgang der Wahlen in Malta groß. Hatte die Insel doch als erster von zehn Bewerberstaaten über einen EU-Beitritt abgestimmt. Mit Ausnahme Zyperns werden alle anderen EU-Beitrittskandidaten in den kommenden Monaten über eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union entscheiden.