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Mittelständische Unternehmer ärgern sich, weil sie doppelt zahlen.
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Wien. Fleischermeister Gottlieb Zauner hat sich wieder beruhigt: Vor zweieinhalb Jahren hat er sich um 55.000 Euro neue elektronische Registrierkassen mit Waage angeschafft. Die kann er zwar jetzt entsorgen, weil sie den gesetzlichen Vorgaben in puncto Manipulationssicherheit ab 1. Jänner 2017 nicht entsprechen und auch nicht aufgerüstet werden können, die neuen kosten aber doch "nur" 35.000 Euro. Im Jänner hatte der Unternehmer aus dem Salzkammergut noch Kostenvoranschläge bis zu 100.000 Euro für sieben neue Kassen auf dem Tisch liegen. "Ich übergebe heuer den Betrieb an meinen Sohn, und ich bin froh, dass er nicht mit hohen Schulden startet", ist Zauner erleichert.
Für Klein- und Mittelbetriebe in verschiedensten Branchen ist das Leben in den vergangenen Jahren aufgrund der Flut an neuen Vorschriften nicht gerade einfacher geworden. Die Regierung will zudem Steuer- und Abgabenbetrug unterbinden, und so mussten ab 2007 Betriebe aufgrund der sogenannten Barbewegungsverordnung ab einem Umsatz von 150.000 Euro sämtliche Bareingänge und Barausgänge täglich und einzeln aufzeichnen. Ob händisch oder elektronisch, blieb dem Unternehmer überlassen. Dennoch war der Unmut groß, die Umsatzgrenze wurde als zu niedrig kritisiert. Mit der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht, die ab 1. Mai gilt, kommt es noch dicker. Die Umsatzgrenze dafür wurde auf 15.000 Euro (falls die Barumsätze über 7500 Euro liegen) gesenkt, betrifft also fast alle Unternehmen, und ab Jänner müssen alle Kassen über eine technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die eine nachträgliche Veränderung von Umsätzen verhindert.
Der Finanzminister reibt sich schon die Hände und erwartet Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer in Höhe von 900 Millionen Euro zur Gegenfinanzierung der Steuerreform.
Umsatzsteuereinnahmen steigen
Von Jänner bis Dezember 2015 flossen aus der Umsatzsteuer 26,3 Milliarden Euro in die Kasse des Fiskus, um 781 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres gab es nach Auskunft des Finanzministeriums kumuliert einen Anstieg um 312 Millionen Euro auf 4,8 Milliarden Euro.
Stellt sich die Frage, ob das bereits auf eine höhere Steuermoral zurückzuführen ist. Ökonomen äußern sich dazu vorsichtig. "Ich würde eher sagen, der Grund ist die Erhöhung einiger Mehrwertsteuersätze", sagt Thomas Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS) zur "Wiener Zeitung". Um von einem Trend sprechen zu können, sei es noch verfrüht, so Hans Pitlik vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). "Die Zahlen beginnen ab April, Mai relevant zu werden."
Ob "Pflicht-Kasse" oder "Kassen-Pflicht": In der Unternehmerschaft lässt man sich nicht gerne pauschal unterstellen, bisher in großem Stil Einnahmen steuerfrei an der Finanz vorbeigeschleust zu haben.
Hersteller kann Kassanicht umstellen
Einer, der immer korrekt gewirtschaftet hat, ist Paulus Stuller, Chef der traditionsreichen Wiener Konditorei und Zuckerbäckerei Heiner und Vizepräsident der Wirtschaftskammer Wien. Ihn plagt das gleiche Problem wie Fleischer Gottlieb Zauner. "Die Firma Sharp kann meine 18 Kassen nicht umstellen - die sind nur Schrott", so Stuller, der in Wien und Umgebung sechs Standorte hat. "Wir müssen in etwa 70.000 Euro in die Hand nehmen", beziffert er den Aufwand für die Umstellung auf ein neues System.
Schon vor ein paar Jahren hat Stuller aufgrund der Barbewegungsverordnung voll funktionsfähige Kassen entsorgt und neue gekauft. Man habe gewusst, dass weitere Vorschriften dazukommen werden, doch: "Das Schlimme ist, wir sind damals davon ausgegangen, dass unser Modell umstellbar ist." Die Wirtschaftskammer empfiehlt, sich beim Kauf neuer Registrierkassen bestätigen zu lassen, dass diese umrüstbar sind und den gesetzlichen Vorgaben ab 2017 entsprechen.