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Viele US-Amerikaner halten Steuern für das Vorzimmer des Kommunismus. Die Tatsache, dass der Demokrat Joe Biden die Steuern teilweise wieder auf das Niveau von Barack Obama heben will, stößt manchen sauer auf.
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WAS FÜR EIN SCHEISS! (WÄHLT FÜR TRUMP) Ich bin raus, Scheiß auf New York. Mir ist es egal, dass Trump keine Schwarzen mag. 62 Prozent. Seid ihr des Wahnsinns?"
Dieser Tweet machte zuletzt gehörig Schlagzeilen in den USA. Denn es hat ihn niemand geringerer als Curtis James Jackson verfasst, der als sogenannter Gangsta-Rapper und Schauspieler Millionen verdient hat. Das erste Album des Afroamerikaners, besser bekannt unter seinem Künstlernamen 50 Cent, hieß bezeichnenderweise "Power of the Dollar", sein größter Erfolg war "Get Rich or Die Tryin‘".
Was hat also 50 Cent so aufgebracht, dass er nun als schwarzer Promi auf Twitter seine Anhänger dazu aufruft, für den Republikaner Donald Trump zu wählen? Es war die Veröffentlichung der Steuerpläne des demokratischen Herausforderers Joe Biden. 62 Prozent Einkommenssteuer wären in New York angedacht, empörte sich 50 Cent. Er wolle nicht zu 20 Cent werden.
Die Gefahr, dass aus 50 Cent 20 Cent werden, besteht allerdings aus Steuergründen nicht. Denn bei den angesprochenen 62 Prozent handelt es sich um einen progressiven Steuersatz, also es geht immer nur ein Bruchteil des Vermögens in die nächste Steuerklasse. Es stimmt, dass Joe Bidens Steuerpaket momentan in 4 von 50 Bundesstaaten einen Spitzensteuersatz jenseits der 60 Prozent vorsieht - neben New York wären auch New Jersey, Kalifornien und Hawaii betroffen. Das sind übrigens Staaten, die traditionell in demokratischer Hand bei den Präsidentschaftswahlen sind.
Einkommen unter 400.000 Dollar pro Jahr will Biden verschonen
Wie würde sich so ein Steuersatz unter Biden zusammensetzen? Der (maximale) Bundessteuersatz würde von derzeit 37 Prozent auf das alte Niveau von 39 Prozent angehoben werden. Dort lag der Steuersatz bereits unter dem demokratischen Präsidenten Barack Obama, bis Trump ihn heruntergesetzt hat. Dazu kommen dann die Steuern in den jeweiligen Bundesstaaten - in New York sind es etwa knapp 12,7 Prozent Spitzensteuersatz (in Kalifornien ist er noch höher mit 13,2 Prozent).
Bei den Bundessteuern sind noch ein paar weitere Posten dabei. Schon bisher - und auch unter Trump - gilt, dass 1,45 Prozent des Lohns für die Gesundheitsversorgung (Medicare) abgezogen werden sowie 0,9 Prozent für weitere Leistungen (Affordable Care Act), die auch Obama eingeführt hat. Biden will zusätzlich auch 6,2 Prozent für eine Sozialversicherung einheben, aber die gilt nur für ein Einkommen über 400.000 Dollar - und nur für den Sockelbetrag von insgesamt 137.000 US-Dollar.
Einkommen unter 400.000 Dollar pro Jahr will Biden von Steuererhöhungen verschonen, was auf mehr als 98 Prozent der Haushalte zutrifft. Trotzdem könnten laut Berechnungen von US-Instituten mit den neuen Steuern binnen eines Jahrzehnts Mehreinnahmen von 2,4 bis 3,4 Billionen Dollar generiert werden.
Zusätzlich will Biden Steuerabsetzbeträge wieder verkleinern - und sie auf 3 Prozent des versteuerbaren Einkommens begrenzen. Das wurde von Experten als 1,118 Prozent einer Einkommenssteuer in der höchsten Steuerklasse errechnet. Diese Art der Begrenzung von Steuerabsetzbeträgen gab es auch bereits unter Obama.
Trumps Erfolgsgeheimnis sind seine Steuersenkungen
Das erklärt auch schon eines der Geheimnisse, weshalb Trump an der Wahlurne Erfolg hatte - und vielleicht wieder Erfolg haben wird. Der vielleicht größte Erfolg seiner Amtszeit ist die Senkung der Unternehmensteuern im Jahr 2017. Mit dieser Reform wurden die Steuersätze von 35 auf 21 Prozent zurückgesetzt. Wesentlich strittiger ist die Senkung der Einkommensteuern, von denen Kritikern zufolge vor allem Reiche profitieren. Diese läuft eigentlich Ende 2025 aus. Bleibt Trump Präsident, will er die Senkung dauerhaft verankern. Das soll finanziert werden, indem zugleich staatliche Ausgaben zurückgefahren werden.
Zudem will Trump Unternehmen gezielt fördern, die ihre Produktion aus China zurück ins Heimatland verlagern. Biden wiederum will die Unternehmensteuern anheben, und zwar auf 28 Prozent. Das läge in der Mitte zwischen dem aktuellen Niveau und jenem Obamas.
Wie viel an Steuern übrig bleibt, hängt nicht zuletzt von der Konjunktur ab. Doch zuletzt sah es so aus, als ob mit dem - über mehrere Monate verhandelten - Konjunkturpaket auch politisches Kleingeld gemacht wird. Denn zwar ist Zeit genug, um mit Amy Coney Barrett eine Verfassungsrichterin für den Supreme Court zu ernennen. Aber für eine Konjunkturspritze soll man sich Zeit lassen. So hat etwa der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, deutlich die Parole ausgegeben, man solle sich nicht vor dem Wahltag mit den Demokraten einigen.