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Meines, deines, unseres: Wem gehört das Wahlrecht?

Von Stefan Schartlmüller

Gastkommentare
Stefan Schartlmüller ist Unternehmer in Linz und Mitbegründer der IG Demokratie (www.ig-demokratie.at).

Mit einer Wahlrechtsreform könnte endlich eine wichtige Frage ins Zentrum der Diskussion um die Demokratie (nicht nur in Wien) rücken.


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Wem gehört das Wahlrecht? Gehört es den Parteien? Oder ist es nicht doch das Wahlrecht der Bürger? Die Antwort auf diese Frage ist nicht sehr schwer. Die Bürger wählen diverse Parteien - oder immer öfter auch nicht. In den vergangenen Jahren ist die Wahlbeteiligung praktisch überall gesunken. In Wien gab es nach einem drastischen Fall, der 2005 nur knapp über der 60-Prozent-Marke haltmachte, bei der Wahl 2010 zwar wieder eine Steigerung, aber ab 66 Prozent könnte man beginnen, sich über die Legitimation Gedanken zu machen.

Jedenfalls ist vor allem die Wahlbeteiligung ein deutliches Zeichen dafür, dass viele Menschen mit der (Parteien-)Demokratie, wie sie sich entwickelt hat, nicht mehr zufrieden sind. Die Waage zwischen "Es geht uns eh gut" und einem stärker werdenden Ohnmachtsgefühl bei vielen Bürgern hält sich derweil noch stabil.

Wenn der Herr Bürgermeister meint, dass das Wahlrecht vielen Menschen egal sei, dann mag er vielleicht recht haben. Aber wenn es mir als Bürger nicht wurscht ist, dann will ich gefälligst die beste Möglichkeit haben, mich in die Debatte einzubringen. Mit Vorschlägen und Bedenken. Aber genauso als Zuhörer und lernender Mensch. Demokratie wär’ das dann.

Es ist also an der Zeit für einen Schritt der Politik (ja, der "ganzen Politik" in diesem Fall) in Richtung der Menschen, auch jener, die neu im Land ankommen. Dieser Schritt kann ein großer sein - und wäre dabei gar nicht so schwer zu tun. Das Wahlrecht ist deines, meines, unseres - es will reformiert werden, und die Parteien streiten darum, wie es denn aussehen soll.

Nun sind diverse Vorschläge alle legitim - aber eigentlich sollte diese Frage nicht bei den Parteien liegen. Eine echte Legitimation hätte die Sache dann, wenn die Bürger ihr Wahlrecht auch selbst gestalten würden. Es brauchen "nur" die Prozesse dazu in die Wege geleitet zu werden. Eine offene Stadtpolitik wird die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen.

Bei der aktuellen Demokratie-Enquete im Salzburger Landtag wurden zum Beispiel 20 Bürger zufällig ausgewählt, um in einem Bürgerrat eineinhalb Tage über neue Beteiligungsmöglichkeiten zu diskutieren. Salzburger, die nicht in den Bürgerrat entsendet wurden, können sich während der ganzen Enquete online einbringen, was zusätzliche Breite und die notwendige Offenheit schafft. In Wien sollte dergleichen kein Problem darstellen. Wie bei einer Enquete-Kommission könnten Experten eingeladen werden und verschiedene Wahlrechtsmodelle vorstellen. In mehreren Terminen könnten dann gemeinsam mit einem Bürgergremium Pro und Kontra abgewogen werden, um dann ein neues Wahlrecht zu gestalten. Auch auf Ebene des Nationalrats werden Bürger (wenn auch nicht auf die bestmögliche Art) eingebunden. Dort gibt es zwar kein Stimmrecht für die "Nicht-Politiker" - aber, hey Wien, mach’s besser! Wien ist doch anders, wie man sagt.

Einmal mehr liegt es damit also wieder an den Bürgern (Wählern aller Parteien und Nichtwählern), die Demokratie selbst in die Hand zu nehmen und positiven Druck auf die Parteien auszuüben. Und einmal mehr bräuchten die Bürger und die Demokratie dafür die Unterstützung der Medien.