Weinzierl: "An Struktur der Meinl-Gesellschaften sehe ich keine Fehler." | Meinl Bank räumt Geldabflüsse nach den jüngsten Turbulenzen ein. | Wien. Zumindest in Österreich ist der Wiener Privatbankier Julius Meinl V. seit seiner spektakulären Festnahme und seinem Kurzaufenthalt im Gefängnis in aller Munde. Der schwerreiche Spross der Meinl-Dynastie steht im Mittelpunkt einer brisanten Finanzaffäre, die vor fast zwei Jahren aufgeflogen ist und seither die Justiz beschäftigt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Vorwürfe lauten auf Betrug und Untreue - vor allem im Zusammenhang mit der Immobilienfirma Meinl European Land (MEL). Für den 49-jährigen Eigentümer der Meinl Bank sowie rund zehn weitere Personen, gegen die ermittelt wird, gilt die Unschuldsvermutung.
Julius Meinl, der sich letzte Woche gegen eine Mega-Kaution von 100 Millionen Euro aus der Untersuchungshaft freikaufen konnte, zieht derzeit im Hintergrund die Fäden, um die Öffentlichkeit von seiner Unschuld zu überzeugen. Am Dienstag ließ der "Fünfer" einen seiner Angestellten, den Vorstandschef der Meinl Bank, Peter Weinzierl, in der Wiener Zentrale seines Geldhauses vor die Presse treten. Weinzierl, der ebenfalls zu den von der Justiz Beschuldigten zählt, verteidigte im Namen seines Arbeitgebers einmal mehr alle Geschäfte rund um die skandalumwitterten Jersey-Unternehmen MEL (heute Atrium European Real Estate), Meinl Airports International (MAI) und Meinl International Power (MIP).
"Ich halte MEL, MAI und MIP, so wie sie konstruiert waren, nach wie vor für eine klar strukturierte Unternehmensgruppe", sagte der Manager. Den Vorwurf, dass MEL intransparent und die Gebühren für die Bank überhöht gewesen sein sollen, verstehe er bis heute nicht. Weinzierl räumte lediglich ein, dass die Kommunikation (mit den Anlegern) besser zu machen gewesen wäre: "An der Struktur der Gesellschaften sehe ich keine Fehler."
Kommt es zu einem Prozess?
Die Causa gilt als überaus heikel, weil im Fall der in Wien börsenotierten ehemaligen Meinl-Firmen Jersey-Recht mit österreichischem Recht kollidiert. Meinls Anwälte haben darauf mehrfach hingewiesen. Den Dialog mit dem Gerichtssachverständigen Thomas Havranek wollen sie nun intensivieren, um die Vorwürfe aufzuklären. Ob es tatsächlich zu einem Strafprozess kommt (auch wenn es derzeit stark danach aussieht), steht noch in den Sternen. Das Gutachten soll jedenfalls in den nächsten Wochen fertig vorliegen.
Was hat denn nun die heimische Justiz und zigtausende Anleger so vehement auf den Plan gerufen? Stein des Anstoßes war ein heimlicher Rückkauf von MEL-Papieren für 1,8 Milliarden Euro zur Jahresmitte 2007. Der MEL-Kurs, zuvor über Jahre stetig steigend, fiel nach Auffliegen dieser Transaktion ins Bodenlose: Milliarden lösten sich mit einem Schlag in Luft auf. Das Geld, mit dem die Papiere von der Gesellschaft zurückgekauft wurden, stammte aus einer im Frühjahr 2007 durchgeführten Kapitalerhöhung und somit direkt von den Anlegern.
Weil bei dieser Kapitalmaßnahme nicht alle MEL-Zertifikate im Publikum platziert werden konnten, wurde eine - im Einflussbereich von Julius Meinl stehende - Karibik-Gesellschaft namens Somal aktiviert, um die Restbestände der Emission auf eigene Rechnung zu übernehmen. Mit der umstrittenen Rückkauf-Aktion an der Börse sollte offenbar der Kurs nach oben gepflegt werden, um Somal in die Lage zu versetzen, die von ihr gehaltenen Wertpapiere mit Gewinn im Markt wieder loszuschlagen.
Das flotte Ringelspiel Meinls
Nach zwei vorangegangenen Kapitalerhöhungen im Jahr 2006 war Somal bereits auf einem Berg von MEL-Papieren gesessen, die mangels Anlegerinteresse nicht verkauft werden konnten. Ein Großteil dieser Papiere konnte in der Folge jedoch über die Börse an den Mann gebracht werden, weil die Kurse bei MEL noch im Steigen waren. Gegen Mitte 2007 drehten viele zuvor boomende Immo-Aktien jedoch - und nun musste den MEL-Kursen auf die Sprünge geholfen werden, damit das bisher gewinnbringende Ringelspiel weiter funktioniert.
Im Beisein eines Anwalts der Meinl Bank erklärte Weinzierl am Dienstag erneut, dass die auf Jersey ansässige MEL aufgrund des dortigen Rechts nicht verpflichtet war, den Rückkauf bekannt zu geben. Hierzulande sieht die Justiz das freilich anders. Die heftig kritisierten Partly Paid Shares - das sind lediglich angezahlte Papiere, aber mit vollem Stimmrecht - verteidigte er damit, dass diese international üblich seien und im Fall einer feindlichen Übernahme vom MEL-Board zur Abwehr eingesetzt hätten werden können.
Trotz der jüngsten Turbulenzen rund um Meinls Inhaftierung sieht Weinzierl die Bank aktuell in ruhigem Fahrwasser. Kundengelder seien in keinster Weise gefährdet, zumal die Bank eine starke Substanz habe. Ob verunsicherte Kunden zuletzt Gelder abgezogen haben? "Ja, aber nicht in signifikanter Größenordnung", betonte Weinzierl.
Siehe auchDie Geschäfte des Herrn Julius Meinl