West-Balkan-Staaten trotz noch nicht EU-reif. | Zu früh um über Verhandlungspositionen zum EU-Finanzrahmen zu sprechen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wiener Zeitung":Wie gestaltet sich ihre Premiere vor dem Europäischen Parlament im Rahmen der EU-Präsidentschaft?Hans Winkler: Es ist das erstes Plenum während unseres Ratsvorsitzes. Wichtig ist, dem Parlament zu signalisieren, dass wir sehr daran interessiert sind, mit ihm zusammenzuarbeiten. Einerseits benötigt man da gute Kontakte, andererseits gibt es eine Reihe von Sachfragen, die man mit dem zuständigen Ausschuss besprechen kann.
Wie steht es da um das heiße Thema Verfassung?
Der Verfassungsausschuss hat den Bericht von Duff und Voggenhuber angenommen, der morgen im Plenum zur Abstimmung kommen wird. Ich werde als Ratsvertreter bei dieser Debatte dabei sein und mich sicher auch einbringen.
Wie ist es um die Zukunft des Finanzrahmens bestellt?
Es wird sicherlich eine Einigung mit dem Parlament erzielt werden, denn das ist notwendig. Wir werden nunmehr die notwendigen Rechtsakte - und das sind immerhin mehr als 30 - in einem Prozess der Zusammenarbeit mit dem Parlament ausverhandeln.
Hat die österreichische Ratspräsidentschaft da Zuckerl in der Tasche oder ist das reines taktieren und hoffen?
Jetzt über Verhandlungspositionen zu reden wäre zu früh. Das was die Regierungen beschlossen haben, sind ja nur die Eckdaten. Zuerst muss die Kommission konkrete Vorschläge machen.
Es ist ein großes Anliegen, die Bürgernähe der EU zu verbessern. Sie sind in der interinstitutionellen Gruppe Kommunikation mit dem Rat, dem Parlament und der Kommission vertreten. Welche sind da konkret die Strategien?
Man muss den Bürgern erklären, was die EU ist, was sie macht und wo sie dem Einzelnen einen konkreten Nutzen bringt. Dazu muss die EU etwas leisten: Wenn die Bürger merken, dass da etwas Konkretes beschlossen wird, was ihnen unmittelbar nützlich ist, dann ist das die beste Strategie einer Überzeugung. Wenn wir davon ausgehen, dass beim Gipfel des Europäischen Rates im März hauptsächlich Fragen der Beschäfigung, der Wirtschaft und der sozialen Nachhaltigkeit behandelt werden sollen, dann sind das ganz konkrete Themen, bei denen die EU etwas leisten kann. Das ist aber ein langer Prozess und man soll nicht meinen, dass uns von einem Tag auf den anderen ein Meinungsumschwung gelingt.
Nach dem beschlossenen Beitritt Bulgariens und Rumäniens sowie dem möglichen Beitritt der Türkei war vielerorts von Überexpansion der EU die Rede. Nun ist ein Schwerpunkt der Ratspräsidentschaft der Westbalkan. Ist das nicht widersprüchlich, wenn man Ländern wie Albanien die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen in Aussicht stellt?
Es gibt ja keine konkreten Erweiterungsschritte im Sinne der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten. Wir sprechen von einer europäischen Perspektive. Es besteht aber wohl kein Zweifel daran, dass diese Länder ein Teil Europas sind als solche Teil der europäischen Integrationspolitik sein müssen. Grundsätzlich können alle Länder der Region Mitglied der Europäischen Union werden. In keiner Weise ist aber die Zeit reif, konkret über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu reden. Wir reden hier von einem Endziel, das noch sehr lange dauern wird, das noch großer Anstrengungen der betroffenen Länder bedürfen wird. Es ist aber sehr wohl wichtig zur Förderung der Stabilität in der Region, dass man sagt: Wenn ihr euch weiter entwickelt und wenn die EU dann auch dazu in der Lage sein wird, schließen wir eine Mitgliedschaft nicht aus. Das ist selbstverständlich auch eine Ermutigung für die Länder weiterzumachen.