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Mekka Calling

Von Muhamed Beganovic und Nour El-Houda Khelifi

Politik

Basma Mhadhbi und Sumeya Ahmad aus Wien berichten über die Hadsch und das muslimische Opferfest.


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Wien/Mekka. Auf dem Internationalen König-Abd-al-Aziz-Flughafen in Dschidda, Saudi-Arabien, herrscht wieder der Ausnahmezustand. Grund dafür ist die jährliche Pilgerfahrt, die Hadsch, die jeder Muslim mindestens ein Mal im Leben absolvieren muss und die heute zu Ende geht. Auch rund 2000 Österreicher waren heuer mit dabei. Heute, Donnerstag, beginnt die große Rückreise.

Dreizehn Meter ragt sie in die Luft, hat eine Grundfläche von 12 mal 11 Meter und ist mit einem schwarzen, verzierten Tuch bedeckt: die Kaaba, die allerheiligste Stätte des Islam. Auch heuer war sie wieder Traumziel von mehr als 1,5 Milliarden Muslimen. Sie steht im Innenhof der Al-Haram-Moschee in Mekka und ruft jedes Jahr die Pilger zu sich, damit sich diese von ihren Sünden reinigen können. Die Hadsch ist die fünfte Säule des Islam und somit eine Pflicht für jeden Muslim, der körperlich und finanziell in der Lage ist, die Reise anzutreten. Sie findet zwischen dem achten und dem zwölften Tag des letzten islamischen Monats Dhu I-hiddscha statt. Umgerechnet auf unseren Kalender ergab das heuer den Zeitraum zwischen dem 13. und 17. Oktober.

Gebete und weiße Leintücher

Muslime aus Europa sparen mehrere Jahre, um endlich einmal vor der Kaaba stehen zu dürfen. 3,1 Millionen Menschen aus aller Welt pilgerten allein im Vorjahr nach Mekka. Ein Rekord. Heuer waren es ebenso viele. Aus Österreich kamen rund 2000 Pilger. Darunter Basma Mhadhbi und Sumeya Ahmad aus Wien.

"Ich habe sechs Jahre darüber nachgedacht, die Pilgerfahrt zu machen", erzählt Basma Mhadhbi. "Nachdem meine Freundin Sumeya das erste Mal war, verspürte ich auch das Bedürfnis, endlich die Reise anzutreten. Dieses Jahr hatte sich die Chance erneut ergeben, da Sumeya erneut hinfliegen wollte. Ich wollte nicht länger warten", so die 45-Jährige.

Um die recht hohen Kosten von 3750 Euro anzusparen, hatte sie immerhin ein Jahr gebraucht. Dann musste die Religionslehrerin noch eine Vertretung für ihre Schüler finden und sie einweisen. Auch die Vorbereitung brauchte Zeit: Basma musste schließlich ebenfalls wieder in die Rolle einer Schülerin schlüpfen und spezielle Gebete auswendig lernen, damit sie sie während der Pilgerreise aufsagen konnte. Eine Benotung gab es dafür nicht, aber Vergebung von ganz oben, hofft sie.

Hadsch für bereits verstorbene Eltern

Basma nennt die Reise "einen Meilenstein" in ihrem Leben. Denn es galt, sich auch spirituell vorzubereiten. Es gibt sogar Kleidungsvorschriften, die während der Hadsch gelten. Glücklicherweise sind die für Frauen nicht so streng, wie Basma erklärt. Gesicht und Hände dürfen demnach nicht verdeckt werden. Männer hingegen dürfen während der Hadsch lediglich zwei große, weiße Leintücher aus Wolle tragen: Ein Tuch wird um die Hüfte gebunden und bedeckt den Bereich zwischen Nabel und Knie, während das andere Tuch um die linke Schulter getragen wird und Teile der Brust bedeckt. Auch dürfen die Männer kein festes Schuhwerk tragen, Sandalen bilden da eine Ausnahme.

Sumeya Ahmad flog ebenfalls mit. Sie und Basma kennen einander seit eh und je. Es ist bereits ihre dritte Pilgerreise. "Das erste Mal machte ich die Hadsch für mich, das zweite Mal für meinen verstorbenen Vater und heuer für meine verstorbene Mutter", sagt Sumeya. Es ist den Muslimen erlaubt, die Hadsch für verstorbene Eltern zu absolvieren. "Das erste Mal im Jahr 2005 war für mich sehr anstrengend, denn unser Hotel war ziemlich weit weg von der Kaaba entfernt, eine Autostunde bei gutem Verkehr", erinnert sich Sumeya.

Die beiden Freundinnen haben eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen: Sie haben beschlossen, mit einer bosnischen Gruppe auf die Pilgerreise zu fliegen. Der Reiseführer dieser Gruppe, Ishak Ahmetovic, ist seit zwei Jahrzehnten im Geschäft und hat einen guten Ruf als Organisator. Für die beiden Damen war zweierlei ausschlaggebend. Erstens sein geografisches Wissen über die Städte. "Bei den großen Menschenmengen ist es wichtig zu wissen, wie man am schnellsten von A nach B kommt", sagt Basma. Der zweite Grund ist das Hotel, in dem Reiseorganisator Ishak Ahmetovic seine Reisegruppe unterbringt. Diese befindet sich quasi gegenüber der Al-Haram-Moschee. Dass es das Fünf-Sterne-Hilton-Hotel ist, ist nur ein glücklicher, wenn auch teurer Zufall.

Basma und Sumeya sind bereits in der ersten Oktoberwoche nach Mekka geflogen. Die ersten paar Tage haben sie mit Sightseeing verbracht und historisch bedeutsame Orte besucht. Und sie hatten sich vorgenommen, so viel Zeit wie möglich in der heiligen Moschee und vor der Kaaba zu verbringen.

Auch das Opferfest, das wichtigste Fest der Muslime, verbrachten sie in Saudi-Arabien. Das Fest markiert jedes Jahr den Höhepunkt der Pilgerreise. Davor statteten die beiden Freundinnen aber noch dem Arafat-Berg einen Besuch ab. Und am Tag nach dem Opferfest vollendeten sie den Tawaf, die siebenmalige Umrundung der Kaaba gegen den Uhrzeigersinn.

1000 Euro "Taschengeld" ist nicht zu viel

Nach Abschluss der Hadsch starteten Basma und Sumeya schließlich ihre Shoppingtour. Die Tradition verlangt es sogar, dass jeder Pilger für alle seine Familienmitglieder und enge Freunde eine Kleinigkeit kauft. Darum raten Personen, die die Hadsch schon einmal absolviert haben, ein Taschengeld von bis zu 1000 Euro mitzunehmen.