Zum Hauptinhalt springen

Meldepflicht: Klienten werden durchleuchtet

Von Reinhard Binder

Wirtschaft

Geldwäsche-Richtlinie wird in Standesrecht eingearbeitet. | Höhere Kosten können wohl nicht überwälzt werden. | Wien. Ein neues Standesrecht stellt Rechtsanwälte und Notare vor beträchtliche Probleme. Denn diese müssen ab 2008 ihre Mandanten noch genauer "durchleuchten", um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern. Die diesbezügliche Gesetzesnovelle ist zurzeit in Begutachtung - sie soll die dritte Geldwäscherichtlinie der EU zu den österreichischen Juristen bringen. Die rechtsberatenden Berufe sehen aber schon jetzt Schwierigkeiten bei der Umsetzung in die Praxis, denn lückenlose Datenbanken stehen ihnen nicht zur Verfügung.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

#Neue Richtlinie: Schärfer bei Verdachts momenten

Seit Inkrafttreten der zweiten Geldwäscherichtlinie 2003 sind Rechtsanwälte und Notare verpflichtet Verdachtsfälle zu melden. In der neuen Richtlinie werden erstmals besonders anfällige Geschäftsfelder für Geldwäsche genannt wie Trust- oder andere Treuhandkonstruktionen und Geschäftsbeziehungen mit "politisch exponierten Personen" (PEPs). Darunter sind Staats- und Regierungschefs, Minister, Parlamentsabgeordnete, hochrangige Justizvertreter, Diplomaten, hohe Mitglieder von Rechnungshöfen und Zentralbanken sowie Spitzenmanager von Staatsunternehmen zu verstehen.

Weiters unterliegen der genauen Überprüfung auch unmittelbare Familienmitglieder und "ihnen nahestehende Personen".

Kommt bei Transaktionen Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung auf, müssen diese dem Bundeskriminalamt gemeldet werden.

Das bedeutet auch, dass beide Berufsgruppen - Notare genauso wie Rechtsanwälte - verpflichtet sind, die Identität ihrer Klienten festzustellen und eine Kopie ihres Reisepasses fünf Jahre lang aufzubewahren.

Benn-Ibler: "Bin nicht glücklich mit Entwurf"

"Die Identitätsfeststellung kann sehr schwierig werden, wenn sich diese Personen im Ausland befinden", erklärt Gerhard Benn-Ibler, Präsident des Rechtsanwaltskammertages, der mit der Umsetzung der Richtlinie im Entwurf "nicht glücklich ist". "Natürlich müssen EU-Richtlinien umgesetzt werden. Doch es fehlt an geeigneten Datenbanken und Hilfsmitteln, die eine rasche Überprüfung solcher Personen ermöglichen", so der Jurist.

Auch Klaus Woschnak, Präsident der österreichischen Notariatskammer, erwartet infolge der höheren Sorgfaltspflichten einen größeren Organisations- und Administrationsaufwand. "Bei Beurkundung eines Vertrages müssen wir nun auch den "wirtschaftlichen Eigentümer" (Anm.: also jene juristischen oder natürlichen Personen, welche direkt oder indirekt die Kontrolle über die juristische Person ausüben) identifizieren und über diesen Nachforschungen anstellen." Das erschwere die Berufstätigkeit des Notars erheblich.

Recherchen schon vor Vertragsabschluss

Die aufwändigen Recherchen verursachen auch höhere Kosten. Ob diese auf den Klienten übergewälzt werden können, ist laut Benn-Ibler fraglich, da diese in den meisten Fällen schon vor Vertragsschluss durchzuführen sind.

Die verschärften Melde- und Auskunftsplichten finden ihre Grenze in der Prozessvertretung vor Gericht. Laut dem Europäischen Gerichtshof hat die Verschwiegenheitspflicht in diesem Fall Vorrang.

WU-Alumni: Berufsrecht Neu bringt Erleichterung

Neben der Umsetzung der Geldwäscherichtlinie wurden auch die studienmäßigen Voraussetzungen für den Zugang zum Beruf des Rechtsanwalts und des Notars neu geregelt. Damit können beispielsweise "Wirtschaftsrecht"-Absolventen der WU eine juristische Berufsausbildung beginnen.

Beide Standesvertreter begrüßen diese Neuregelung. "Wir brauchen umfassend gebildete Juristen mit wirtschaftlicher Spezialisierung."