Buenos Aires · Mutmaßliche Kriegsverbrecher aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und die Propaganda von Neonazis via Internet sorgen in Argentinien für Schlagzeilen. Südamerikas zweitgrößtes Land | verfügt ohnehin nicht über den besten internationalen Ruf, was die strafrechtliche Verfolgung von Nazi-Schergen oder den Kampf gegen die nationalsozialistische Ideologie betrifft.
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Argentinien gilt bei manchem als Heimstatt von Altnazis, die sich vor der Justiz oder dem Henker in Europa absetzen konnten.
Ein Bundesrichter recherchiert nun über etwa 60 Kroaten, die dem Ustascha-Regime im Zweiten Weltkrieg gedient haben und die Verantwortung für Tausende von Toten tragen sollen.
Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches versuchte Argentiniens Präsident Juan Domingo Peron, Spezialisten aus Deutschland für die Modernisierung des Landes zu holen.
Auch wollte Buenos Aires dank deutscher Fachleute eine militärische Vormachtstellung in Südamerika erreichen. Daß mit vielen unbelasteten Deutschen aber auch zahlreiche Kriegsverbrecher wie der
Auschwitz-Arzt Joseph Mengele oder der Organisator der Juden-Vernichtung, Adolf Eichmann, kamen, störte den Mussolini-Bewunderer Peron nicht besonders. Fachleute wundert es deshalb wenig, daß auch
Mitglieder der berüchtigten Ustascha in Buenos Aires an Land gingen. Im vergangenen Jahr wurde der KZ- Kommandant Dinko Sakic an Zagreb überstellt.
Präsident Carlos Menem sorgt sich um das Image seines Landes und will deshalb Menschen, denen Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, nicht mehr in Argentinien sehen. Dies galt 1996 für den früheren SS-
Offizier Erich Priebke genauso wie heute für Mirko Eterovic, der in Cordoba aufgeflogen ist. Obwohl gegen den 85jährigen noch gar kein Haftbefehl existiert, und er alle Anschuldigungen von sich
weist, hat sich Menem bereits für eine mögliche Ausweisung des Mannes ausgesprochen, der argentinischer Bürger ist.
Doch nicht nur der Blick zurück in die Geschichte macht Sorge. Das Simon Wiesenthal-Zentrum in Buenos Aires warnt vor der Verbreitung perfider Nazipropaganda in Argentinien. Das Internet ist das
Werkzeug hierfür. Der Nachrichtensender TN alarmierte in einer groß angekündigten Reportage seine Zuschauer: "Noch nie ist die Gefahr des Nazismus in Argentinien so groß gewesen wie heute."
Skinheads, Fußballrowdies, Anhänger des alten Militärregimes und Neonazis machten gemeinsame Sache. "Tatsache ist, daß sie für ihre Machenschaften nun modernste Technik verwenden", berichtet Sergio
Widder, Repräsentant des Wiesenthal-Zentrums.
Über Internet bot eine "Walhalla GmbH" Videos an. Darunter waren die üblen Propagandafilme wie "Jud Süß" oder "der ewige Jude" oder "Dokumentarfilme" wie "Der Marsch zum Führer" oder "Blitzkrieg
1939".