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Mensch zuerst und Technik als Dienerin

Von Sophie Martinetz

Recht
Sophie Martinetz ist Gründerin und Leiterin von Future-Law, einer unabhängigen Plattform für Legal Tech, sowie Director des WU Legal Tech Centers. Die Digitalisierungsinitiative von Future-Law ist abrufbar unter: https://digitaleinitiative.future-law.at/
© Marlene Rahmann

An der digitalen Arbeitsweise erfreut die Menschen am meisten der Zeitgewinn zugunsten des Teams.


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Die Parameter Mensch-Prozesse-Technologie bilden das klassische Digitalisierungsdreieck, und rund um diese Themen wurde auch das aktuelle "Legal Tech Barometer" ausgelegt. Die zweithöchste Priorität für die befragten Juristinnen in Kanzleien, Rechtsabteilungen und der öffentlichen Hand hatte nach dem Finden des richtigen (Legal-)Tech-Tools, ein innovatives Umfeld für Mitarbeiter zu schaffen sowie Talente einzustellen und dauerhaft zu binden. Also Mensch zuerst und Technik als Dienerin. Denn an der digitalen Arbeitsweise erfreut die Menschen am meisten, dass beim erfolgreichen Einsatz von Technologie Zeit für das Team freigesetzt wird, um mehr strategische Unternehmensberatung zu leisten oder Abläufe für die Verwaltung rechtlicher Anfragen zu schaffen. Es ermöglicht auch, dass genaue Informationen über Anfragen und Aufgaben abrufbar werden. Nicht zuletzt schätzen viele, dass digitale Lösungen wie Selfservices zur Erstellung von Standardverträgen andere Geschäftsbereiche dazu befähigen, rechtliche Themen selbst zu erledigen. Das spart die eigenen Ressourcen und erhöht die Geschwindigkeit in der Abarbeitung bei Klientinnen. Überhaupt ist es die dritthöchste Priorität der Befragten, sich auf dem Markt als (interner) Top-Kundendienstleister zu etablieren.

Potenzial steckt jedenfalls in der Standardisierung - so geben mehr als die Hälfte der Befragten an, dass ihre tägliche Arbeit zu 30 bis 50 Prozent aus wiederholenden Tätigkeiten besteht. Immer noch werden mehr als 50 Prozent der Verträge auf Basis bestehender (Muster-)Verträge manuell bearbeitet. Immerhin setzen knapp mehr als ein Fünftel bereits Tools ein, die automatisiert Verträge erstellen. Auch im Bereich Suche und Recherche ist der Zeitaufwand optimierbar.

Künstliche Intelligenz und insbesondere ChatGPT sind ja in aller Munde - aber was wird hier in naher Zukunft kommen? Ein Großteil der Befragten plant eine stärkere Nutzung digitaler Werkzeuge und Lösungen sowie die Gestaltung interner und neuer Prozesse und bringt in folgenden Bereichen Technologie zur Umsetzung: Entlastung des Sekretariats beziehungsweise der Assistenzfunktionen; zentrale Aktenablage und Dokumentenverwaltung; Wissensmanagement. Immerhin ein Fünftel hat ein Projekt mit ChatGPT in Planung.

Das Dreieck Mensch-Prozesse-Technologie wird auch im Legal-Tech-Bereich immer stabiler, und die Branche bereitet sich auch im Kopf auf das 21. Jahrhundert vor: Mehr als 80 Prozent meinen, dass die Vertrauenskomponente zwischen Kanzleien und Mandantschaft auch beim Einsatz von Legal-Tech-Tools erhalten bleibt.