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"Menschenrechte schützen - an jedem Ort zu jeder Zeit"

Von Ines Scholz

Politik

Die Vision, ein Weltgericht zu schaffen, in dem alle Kriegsverbrechen und solche gegen die Menschlichkeit unabhängig von Macht und Einfluss der Länder und ihrer Regierungen länderübergreifend geahndet werden, ist nicht neu.


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Schon nach dem Ersten Weltkrieg wurden erste Konzepte entworfen: Die Entente-Mächte verlangten damals die Auslieferung von 901 Deutschen zur Aburteilung wegen Kriegsverbrechen durch einen von fünf Staaten (USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan) zu bildenden besonderen Gerichtshof, der dem damals neu geschaffenen Völkerbund angegliedert werden sollte. Doch die Idee wurde durch die neuen Kriegswirren ab 1938 schnell obsolet.

1945, dem Gründungsjahr der Vereinten Nationen, flammte die Debatte wieder auf. Vor dem Hintergrund der unfassbaren Verbrechen des Nazi-Regimes gegen die Juden und einer Hinterlassenschaft von 50 Millionen Opfern, die der Aggressionskrieg der Achsenmächte forderte, wurden Stimmen laut, die forderten, dass solche Verbrechen nie wieder ungesühnt bleiben dürften.

Bereits knapp nach Kriegsende hatten auch die Nürnberger Prozesse begonnen, in denen sich erstmals Kriegsverbrecher vor einem internationalen Richterkollegium verantworten mussten. Gegen japanische Kriegsverbrecher lief ein analoges Verfahren in Tokio.

Den Beschluss zu den Nürnberger Prozessen, in denen die Nazi-Schergen vor den internationalen Richtern Rede und Antwort stehen mussten, hatten die Alliierten bereits 1942 gefasst, doch erst im August 1945 einigten sie sich in London auf ein Statut, das die zu ahndenden Tatbestände - Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verschwörung gegen den Weltfrieden einschließlich Durchführung eines Angriffkrieges - festschrieb. Das Hauptverfahren endete am 1. Oktober 1946 mit 12 Todesurteilen, sieben lebenslänglichen Haftstrafen und drei Freisprüchen.

Bestärkt durch die Erfahrungen der Internationalen Militärtribunale in Nürnberg und Tokio, die im Völkerrecht zudem neue Maßstäbe gesetzt hatten, begann die UNO Ende der Vierzigerjahre mit der konkreten Vorbereitung eines permanenten Internationalen Strafgerichtshofs.

1951 wurde dazu ein erster Statut-Entwurf vorgelegt. 1949 hatte die dafür beauftragte UNO-Völkerrechtskommission schon festgehalten, dass die Errichtung eines solchen Gerichtshofs wünschenswert und möglich sei. Doch zur Errichtung kam es nicht, da sich die Staaten nicht auf die Definition zu ahndender "Angriffskriege" einigen konnten. In den darauf folgenden Dekaden stand die Logik des Kalten Krieges dem Ansinnen nach einem Weltgericht im Weg. Dies änderte sich erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem einhergehenden Ende der "Stellvertreter-Kriege" der Supermächte: 1990, mehr als 40 Jahre nach den ersten Beratungen, erneuerte die Generalversammlung den Auftrag an die Völkerrechtskommission, das Strafgerichtshofsvorhaben zu prüfen.

Aufgerüttelt durch den blutigen Bosnien-Konflikt und den Völkermord in Ruanda - in deren Folge 1993/1994 im Eilverfahren Ad-hoc-Sondertribunale eingerichtet wurden - gab die Staatengemeinschaft schließlich grünes Licht: Das von einem Kommittee im Auftrag der UNO ausgearbeitete Statut zur Schaffung des permanenten internationalen Strafgerichts wurde 1998 in Rom vorgelegt und von den Ländern mehrheitlich angenommen.

Ausschlaggebend war nicht zuletzt die Erkenntnis, dass Ad-hoc-Tribunale keine dauerhafte Lösung sein können, da grobe Verletzungen gegen Menschenrechte an jedem Ort und zu jeder Zeit ohne Unterschied bestraft werden müssten. Bisher werden nur Kriegsverbrecher aus Ex-Jugoslawien und Ruanda belangt. Diese Tribunale waren vom UN-Sicherheitsrat wegen massiver Verstöße gegen das Humanitäre Völkerrecht als Zwangsmaßnahme eingerichtet worden. Für Ex-Jugoslawien ist seit 1993 der "Internatinal Criminal Court for former Yugoslavia" in Den Haag zuständig, der "International Criminal Court for Rwanda" in Arusha/Tansania wurde 1994 installiert. Im August 2000 beschloss die UNO, ein ähnliches Tribunal auch für in Sierra Leone geschehene Verbrechen einzurichten.