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Menschliche Werte in der Wirtschaft messbar machen

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung plant internationalen Verband.


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Statistiken sind nicht alles: Auch die Menschen hinter den Zahlen zählen.
© fotolia

Wien. Schon der griechische Philosoph Aristoteles kritisierte das Wirtschaften, das nur auf Geldgewinn aus ist, als widernatürlich. "Im Gegenzug bestimmte er jenes gerechte Gute, das einer Gemeinschaft zuträglich und auf das sie verpflichtet ist, also das Gemeinwohl." So beginnt die Geschichte der Gemeinwohl-Ökonomie, nachzulesen auf der Homepage jenes österreichischen Vereins, der sich für ebendieses Wirtschaftsmodell stark macht.

Der Bogen spannt sich weiter zu Thomas von Aquin, über Leibnitz und Rousseau und die bayerische Verfassung bis zu den "50 Vorschlägen für eine gerechtere Welt" von Attac-Mitbegründer Christian Felber. Er gilt als Schöpfer der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) und brachte 2010 seine nicht unumstrittenen kapitalismuskritischen Thesen in einem viel beachteten Buch zu Papier, das naturgemäß nicht nur Begeisterung hervorrief.

Ungeachtet der Kritik folgten dem Aufruf Felbers, sich seinen Ideen anzuschließen, bisher mehr als 1300 Unternehmen, fast 4000 Privatpersonen, rund 60 Politiker und 164 Vereine in mittlerweile 18 Ländern der Welt. Neben den fünf Kernstaaten Spanien, Italien, Schweiz, Deutschland und Österreich sind dies Länder in Nord- und Südamerika, Osteuropa, Skandinavien und Australien/Neuseeland. Zu den Unterstützern in Österreich zählen etwa die Waldviertler Sonnentor GmbH, die Raiffeisenbank Lech/Arlberg, der Fleischereibetrieb Schirnhofer oder die Münchner Sparda Bank. Sie erstellen bereits neben der herkömmlichen Bilanz eine Gemeinwohl-Bilanz.

"Den Akteuren ist es ein Anliegen, menschliche Werte in der Wirtschaft mess- und sichtbar zu machen. Damit soll sichergestellt werden, dass das ‚Gemeinwohl‘ zum Kern der wirtschaftlichen und politischen Aktivitäten wird, wie es bereits jetzt in vielen Staaten verfassungsrechtlich verankert ist", heißt es in einer Presseaussendung.

Gemeinwohl vs. ökosoziale Marktwirtschaft

Kapitalismus-Kritiker Christian Felber.
© Andy Urban

Und weil der Bedarf nach einer internationalen Koordinierung der Bewegung wuchs, hat vor wenigen Tagen ein achtköpfiges Team seine Arbeit aufgenommen, das die Gründung eines internationalen Verbandes in die Hand nimmt. Christian Felber ist für die externe Kommunikation zuständig.

Unterdessen reißt die Kritik an seinem Modell nicht ab. So äußerte etwa jüngst die Wirtschaftskammer (WK) Steiermark ihre Bedenken. In einer Broschüre mit dem Titel "Gemeinwohl? Scheinwohl? Argumente für Wachstum und Wohlstand" geht sie mit der Gemeinwohl-Ökonomie hart ins Gericht und lobt die ökosoziale Marktwirtschaft. Diese verfolge in vielerlei Hinsicht ähnliche Ziele wie das System der Gemeinwohl-Ökonomie, ohne aber das Wettbewerbsprinzip in Frage zu stellen, heißt es etwa darin. Und: Die Gemeinwohl-Ökonomie überschreite die Grenzen einer liberalen, demokratischen Wirtschaftsordnung, wenn es um die Beschränkung von Eigentumsrechten geht, und beinhalte kommunistische Elemente.

Dass sich die WK Steiermark auf 30 Seiten der Wachstumskritik widme, sei grundsätzlich erfreulich, so Felber. Er bemängelt jedoch, dass in der Broschüre eine detaillierte Vorstellung der Gemeinwohl-Ökonomie und eine Abbildung der Gemeinwohl-Bilanz fehlen. "Wie glaubwürdig kann die Infragestellung eines Vorschlags zu einer neuen Wirtschaftsordnung sein, wenn darin überhaupt nicht auf die Funktions- und Wirkungsweise des Kerninstruments, der Gemeinwohl-Bilanz, eingegangen und die gesamte Alternative mit einem Dreizeiler erklärt wird?", fragt er sich. Die Gemeinwohl-Ökonomie verstehe sich selbst als ökologische, soziale, solidarische, humane und demokratische Marktwirtschaft.

Mehr zu den Inhalten und Visionen der Gemeinwohl-Ökonomie sowie ähnlichen Ansätzen unter: www.gemeinwohl-oekonomie.org