Kanzlerin in Umfragetief. | SPD-Gegenpol in Troika-Form.
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Berlin. Die Hinhaltetaktik von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sachen Umschuldung kommt nicht nur bei den meisten anderen europäischen Regierungen schlecht an. Auch im Inland bringt sie ihr Zögern unter Druck.
CDU-Parteifreund Volker Bouffier, Ministerpräsident von Hessen, erwartet im Gegensatz zu Merkel ein „klares Signal” von dem Gipfel und fordert einen Schuldenschnitt, von dem seine Parteichefin zunächst nicht sprechen wollte. Auch Justizministerin Leutheusser-Scharrenberger vom Koalitionspartner FDP sprach sich für eine geordnete Umschuldung im Fall Griechenlands aus.
Während die eigene Regierung naturgemäß Kritik an der Kanzlerin selbst vermeidet, findet die oppositionelle SPD schärfere Töne: Sie warf der Regierung deutliche Führungsschwäche in Europa vor und bot ihre Hilfe an, auch unpopuläre Maßnahmen daheim durchzubringen.
Bei den deutschen Medien stieß vor allem die Form dieses Angebots auf Interesse: Es wurde von den drei möglichen Kanzlerkandidaten der SPD gemeinsam vorgetragen - von Parteichef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück, einst Finanzminister der großen Koalition unter Merkel und nun einfacher Abgeordneter. Von einer neuen SPD-Troika wurde gesprochen, eine Führungskonstruktion, die der Partei in der Vergangenheit nur kurzfristigen Erfolg gebracht hatte. Steinbrück werden große Ambitionen nachgesagt, im Jahr 2013 als Spitzenkandidat gegen Merkel antreten zu wollen - als Troika-Mitglied oblag es ihm, sich klar für einen Teilerlass der griechischen Schulden auszusprechen.
In den Umfragen hat er bisher allerdings noch einen Rückstand auf Merkel aufzuholen: Laut der jüngsten Forsa-Umfrage für den „Stern” und RTL liegt er bei der Frage, wen die Deutschen direkt zum Regierungschef wählen würden, zwei Prozentpunkte hinter Merkel. Steinmeier rangiert hingegen nur einen Punkt hinter der Kanzlerin - die einen Absturz auf ein Fünf-Jahrestief hinnehmen muss. Nur noch 36 Prozent würden sie am liebsten als Regierungschefin sehen. Vor zwei Jahren waren es noch 60 Prozent gewesen.
Dieser Sympathieverlust hat wohl mit Glaubwürdigkeitsproblemen der Kanzlerin zu tun, glauben Beobachter - denn sie hat nicht nur bei den AKW-Laufzeiten eine Kehrtwende vollzogen, auch bei der Griechenland-Hilfe hat sie zunächst immer Einspruch erhoben, um letztendlich doch im europäischen Gleichklang zuzustimmen.