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Merkels Kabinett steht

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Politik

Union bietet der SPD personell Paroli. | Berlin. Die Union ihre personellen Vorschläge für das Kabinett Merkel I am Montag offiziell vorgestellt. Was üblicherweise am Schluß von Koalitionsgesprächen steht, macht diesmal den Anfang: Bevor noch feststeht, ob Schwarz-Rot überhaupt zusammenfindet, haben beide Großparteien ihr Personaltableau auf den Tisch gelegt.


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Zwischen Erfahrung und Erneuerung

Das Team von Angela Merkel ist eine Mischung aus Erfahrung und Erneuerung: Drei Politiker gehörten bereits einer Bundesregierung an: Merkel selbst, Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer. Aber auch die übrigen Designierten sind keine Anfänger: Annette Schavan führt, wie ihre Kollegen Ursula von der Leyen und Thomas de Maizière bereits seit Jahren ein Landesministerium. Franz-Josef Jung leitet die hessische Unionsfraktion und Edmund Stoiber hinterlässt eine schmerzhafte Lücke an der Spitze der Bayerischen Staatsregierung.

Allen Unkenrufen zum Trotz ist auch der CDU-Chefin, wie schon zuvor ihrem SPD-Kontrahenten Franz Müntefering, ein guter Wurf gelungen: Das schwarze Team kann sich nicht nur sehen lassen, sondern dem roten Team hausmachtpolitisch Paroli bieten. Auch der Ausgleich mit der bayerischen Schwesterpartei CSU ist hervorragend geglückt: Seehofer verkörpert das soziale Gewissen der Union und bildet somit ein natürliches Gegengewicht zum sozialdemokratischen Regierungspartner. Stoiber kann behaupten, sich gegen Merkel durchgesetzt zu haben, während die sich freuen kann, dass das Innenministerium in Händen der CDU verblieben ist.

Mit Thomas de Maizière stellte Merkel "einen meiner ältesten politischen Freunde" als Kanzleramtsminister vor. Der heutige Innenminister Sachsens war als Berater des ersten und letzten frei gewählten DDR-Ministerpräsidenten ein Mann der ersten Stunde nach dem Fall der Mauer - auch aus familiären Gründen: Lothar, der Premier, ist sein Cousin. De Maizière bringt große Verwaltungserfahrung und jenes Maß an Loyalität mit, auf das eine Kanzlerin Merkel angewiesen ist. Neuer Verteidigungsminister soll Franz Josef Jung, 56, werden. Er gilt er unter der mittleren Politikergarde der Union als "gut vernetzt".

Ihre Mutter hatte sechs Kinder, sie selbst gebar sieben: Ursula von der Leyen, Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, Medizinerin, zeigt als niedersächsische Familienministerin , wie man Beruf und Familie vereinbaren kann. Nun soll sie zwar nicht das Fach, aber das Amtsgebäude wechseln: von Hannover nach Berlin.

Annette Schavan, die dritte Dame im Team, studierte Erziehungswissenschaft, Philosophie und Katholische Theologie. Im Gegensatz zu ihrer Kollegin ist sie unverheiratet und kinderlos. Die ehemalige baden-württembergische Kultusministerin ist für das Zukunftsressort "Bildung/Forschung" designiert.

Edmund Stoiber hat sich mit Wirtschaft und Technologie gleich zwei Schlüsselressorts gekrallt. Der 64-jährige verlässt die Bayerische Staatskanzlei, ohne seine Nachfolge geregelt zu haben. Seine aussichtsreichsten Nachfolger in München sind Erwin Huber, Leiter der Staatskanzlei, und Günther Beckstein, Innenminister des Landes.

Außenpolitischer Innenminister Schäuble

Wolfgang Schäuble (63) soll das Amt des Innenministers übernehmen, das er schon von 1989 bis 1991 innehatte. Im Kabinett wird er ein Pendant zum SPD-Außenminister bilden, denn er verfügt wie kaum ein zweiter seiner Partei über Erfahrung auf dem Gebiet.

Horst Seehofer, 57-jähriger Diplom-Verwaltungswirt, ist der zweite CSU-Minister im Merkel-Kabinett. Als designierter Agrar- und Verbraucherschutzminister ist er nicht in seiner eigentlichen Domäne, der Gesundheitspolitik, eingesetzt. Hatte er in der Vergangenheit Angela Merkel in der Gesundheitspolitik heftig angegriffen, so gelobte er diesmal: "Die Kabinettsdisziplin ist garantiert".

Personell ist Merkel I ein schwergewichtiges Kabinett - kompetent und solide. Fehlt nur noch die Einigung in Sachfragen. Und die soll - anders als sonst üblich - am Ende der Verhandlungen, vermutlich am 12. November stehen.