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Metternich lässt grüßen

Von Matthias G. Bernold

Politik

In ihrem Wahrnehmungsbericht für das Jahr 2000/2001 stellen die österreichischen Rechtsanwälte "Normenflut" und sinkende Qualität bei den Gesetzen fest. ÖRAK-Präsident Klaus Hoffmann kritisierte weiters, dass unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung, Bürgerrechte unter den Tisch gekehrt würden.


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"Wenn man die aktuelle Entwicklung beobachtet, wird man an den Metternich'schen Überwachungsstaat erinnert", befindet der Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages. Die Welt versuche sich in Terrorbekämpfung, dabei werde wahllos und unkritisch in Freiheitsrechte eingegriffen, erklärte Hoffmann gestern vor Journalisten.

Als Beispiele für diesen Trend nannte er die "wahllos Inhaftierung von Verdächtigen in den USA", Terrorgesetze, die das Fernmeldegeheimnisses durchbrechen, aber auch den EU-Haftbefehl. In Österreich sei vor allem das Informationssicherheitsgesetz, das neue Bankwesengesetz und die Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie zu nennen.

ÖRAK-Vize, Gerhard Benn-Ibler sieht insbesondere bei der geplanten Bürgerkarte Probleme: "Sie birgt die Gefahr, dass persönliche Daten der Menschen so gebündelt werden, dass es zum gläsernen Menschen kommt". Die Karte könne lebensrettend sein - trotzdem müssten bei der Auswahl der gespeicherten Daten "sehr, sehr enge Grenzen" gezogen werden".

Hoffmann strich die Aufgabe der Anwaltschaft heraus, grundlegende Freiheits- und Bürgerrechte zu schützen. Gemeinsam mit den Anwaltschaften der Schweiz, Liechtensteins, der Niederlande und Deutschlands fordert der ÖRAK u. a., dass Berufsgeheimnisträger und Journalisten bei den Auskünften durch Post- und Telekommunikationsdienstleister ausgenommen werden sowie eine zeitliche Befristung der Anti-Terror-Gesetze.

Schlechte Legisten?

In ihrem Wahrnehmungsbericht beklagen sich die Anwälte über zu viele und zu schlechte Gesetze. Im Berichtszeitraum waren die Anwaltskammern mit knapp 350 Gesetzesentwürfen befasst. Hoffmann bemängelt die "oftmals extrem kurze Begutachtungsfrist", wodurch eine fundierte Stellungnahme "faktisch unmöglich" werde. Mit Ausnahme der Bestimmungen aus dem Justizministerium - "das sind noch die besten, dort sitzen Juristen, die ihr Handwerk gelernt haben", so Hoffmann - fehle es oftmals an Präzision. Das könne in der Folge zu verfassungsrechtlichen Problemen führen. Sorgenkinder sind für den Rechtsanwalt das Gesundheits- und das Finanzressort. Bei letzterem würden die Regelungen oft als Reparatur gesehen, "wenn man das Geld nicht bekommt, mit dem man kalkuliert hat".

Kritik übten die Anwälte weiters an der überlangen Verfahrensdauer im Zivil- und Strafrecht, vor allem aber vor dem Verwaltungsgerichtshof.