Lob für neuen Obmann der Kärntner Slowenen. | "Kärntner Finanzen besser als jene von NÖ." | "Kooperation mit der FPÖ war richtig." | "Wiener Zeitung": Herr Landeshauptmann, Sie haben vorige Woche die Aufstellung von zehn weiteren zweisprachigen Ortstafeln angekündigt - quasi in vorauseilendem Gehorsam, weil ein entsprechendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ansteht. Wieso geht da plötzlich etwas weiter? | Gerhard Dörfler: Ich habe VfGH-Erkenntnisse immer zur Kenntnis genommen - auch wenn ich sie zum Teil für falsch gehalten habe. Das wurde in den letzten Jahren immer völlig falsch dargestellt. Aber wenn es eine Entscheidung gibt, ist sie umzusetzen. Das ist wie im Fußball: Auch ein Fehlpfiff des Schiedsrichters ist ein Faktum.
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Sie wirken da recht pragmatisch. Gleichzeitig nominieren Sie den wenig konzilianten Abwehrkämpferbund für die Verhandlungen mit dem Bundeskanzleramt. Ist das nicht widersprüchlich?
Überhaupt nicht, denn in dieser sensiblen Frage ist es nur recht, dass die, die damals für den Abwehrkampf und die Volksabstimmung gestanden sind, das Recht haben, mitzuverhandeln. Man muss ja auch wissen, dass der Sprecher dieser Gruppierung, Rudolf Gallob, viele Jahre Landeshauptmann-Stellvertreter der SPÖ war. Er ist ein kluger Mann und wird sicher seinen Beitrag leisten.
Der Chef des Kärntner Heimatdienstes, Josef Feldner, der sehr auf Dialog mit den Slowenen im Rahmen der Konsensgruppe setzt, wird aber nicht nominiert.
Herr Feldner hat über Jahre, Jahrzehnte in der Frage der Ortstafeln Grauslichkeiten verbreitet, mit denen ich einfach nichts anfangen kann. Er ist unwürdig, für irgendeine Organisation oder das Land in dieser Sache zu verhandeln. Da gibt es keine Absolution.
Kanzler Faymann hat 2012 für eine Lösung ins Auge gefasst.
Eine kluge Entscheidung des Bundeskanzlers. Damit ist eine Entkrampfung möglich. Auch die Gesprächskultur mit dem Rat der Kärntner Slowenen ist dank des neuen Vorsitzenden Valentin Inzko eine völlig andere als früher. Er ist ein international geachteter Diplomat. Da wird sehr sachlich und unaufgeregt diskutiert. Das ist die Basis für eine gute Lösung.
Das wäre das Ende einer unendlichen Geschichte . . .
Dazu muss man schon einmal sagen: Solange Kärnten SPÖ- oder ÖVP-regiert war, war das überhaupt kein Thema. Erst als Jörg Haider kam, wollte man mit aller Gewalt ein politisches Problem herbeiführen. Das brachte viel Unverständnis mit sich, denn das Miteinander der Menschen in Kärnten ist ausgezeichnet, ebenso die Nachbarschaft zu Slowenien.
Sie haben eine Untersuchungskommission eingerichtet, um die Attentate der 1970er Jahre zu untersuchen. Was ist da zu erwarten?
Diese Historikerkommission läuft unter dem Titel "Aufarbeiten, nicht aufrechnen". Ein Kärntner Historiker hat in slowenischen Archiven brisantes Material gefunden. Das darf man nicht einfach im Raum stehen lassen. Es geht nicht darum, jemanden rechtlich zu belangen - das wird auch nicht möglich sein. Es geht darum, diese brisante Zeit aufzuarbeiten, die Hintergründe und die Spieler auszuleuchten - soweit mir bekannt ist, sind da ein paar bekannte Namen darunter.
Was für Namen?
Es ist mit der Kommission vereinbart, dass es keine Vorabinformationen an irgendwen gibt.
Zu den Landesfinanzen: In Kärnten wurden zahlreiche Sozialleistungen wie Babygeld oder Heizkostenzuschuss gekürzt. Der Gratiskindergarten für Drei- und Vierjährige wurde gestrichen. Was kommt sonst noch auf die Kärntner zu?
Wir haben nach einer Zeit des Investierens nun eine Zeit des Sanierens, des Sparens. Die Bevölkerung hat erstaunlich viel Verständnis dafür. Meine Verantwortung ist, bis zur Wahl 2014 das Budget zu stabilisieren und zu sanieren. Wir sind da auf einem sehr guten Pfad. Außerdem: Wenn man die Gesamtsituation der budgetären und außerbudgetären Verschuldung, des außerbudgetären Vermögens - der Zukunftsfonds mit 1,2 Milliarden Euro und Kraftwerksbeteiligungen - und der Finanzsituation der Gemeinden betrachtet, steht Kärnten besser da als Niederösterreich.
Aber trotz aller Kürzungen und Einschnitte steigt die Nettoverschuldung des Landes um 231 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden.
In Wien steigt sie um 800 Millionen, Erwin Pröll verjubelt eine Milliarde an Wohnbaugeldern, in der Steiermark spricht man für 2011 von einer Milliarde Euro Neuverschuldung. Wir mussten in dieses Land investieren und jahrzehntelange Versäumnisse aufholen. Die Finanzmarktkrise hat uns zu einer falschen Zeit erwischt. Aber wir haben auch die entsprechenden Antworten des Sparens und der Zurücknahme gewisser Leistungen.
Trotz allem sieht es finanziell nicht rosig aus.
Machen Sie sich keine Sorgen um unser Bundesland. Wir haben fleißige Menschen, die Verständnis haben, und wir haben Politiker, die Entscheidungen treffen. Am Donnerstag haben wir im Landtag trotz Protesten der Personalvertretung die Pensionsreform beschlossen, um auch dort in den nächsten Jahren einige hundert Millionen Euro einzusparen.
Wie ist es zu rechtfertigen, trotz klammer Kassen 1,2 Millionen Euro für Feiern zum 90. Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung am kommenden Sonntag auszugeben?
16.000 Menschen haben sich alleine für den Festumzug als Teilnehmer angemeldet. Das Interesse an den Feiern ist also groß. Daher feiere ich den Landesfeiertag mit den Menschen. Diese Veranstaltung ist einmalig in zehn Jahren und ist den Kärntnern auch sehr viel wert. Das wird das Budget weder verbessern noch verschlechtern.
Im Streit zwischen Bund und Ländern um die Lehrerkompetenzen haben Sie sich eher herausgehalten. Wären Sie bereit, die Landeslehrer an den Bund abzutreten?
Ich habe mich nicht herausgehalten, sondern Erwin Pröll einmal seine Grenzen aufgezeigt. Pröll wollte uns ein Papier unterjubeln, aber Gabi Burgstaller und ich haben gezeigt, dass wir parteiübergreifend diese Machtspiele nicht mittragen. Mir geht es darum, zuerst die qualitativen Bildungsdiskussionen zu führen - Gesamtschule, Ganztagsschule, Neue Mittelschule, vom Vorschulkindergarten bis hin zum universitären Bereich - und erst dann entscheiden, welche Zuständigkeiten es gibt. Es ist nicht meine Leidenschaft, Macht über Lehrer auszuüben.
Sie haben einmal gesagt, Sie würden in Wien eher Michael Häupl wählen als Heinz-Christian Strache. Gilt das heute immer noch?
Michael Häupl ist ein persönlicher Freund. Aber wählen würde ich Strache, weil ich mir die Wiener Situation genauer angeschaut habe. Es gibt eine große Unzufriedenheit in dieser Stadt, etwa im Kindergartenbereich. Ich würde mich schämen, solche Kindergärten zu haben, wie es sie in Wien noch gibt. Wir haben viel in die Gebäude investiert. Wo Unzufriedenheit herrscht, kann man die Regierenden nicht noch mit einer Wählerstimme belohnen.
Also war die Kooperation mit Straches FPÖ richtig?
Dass diese Kooperation richtig war, haben die steirischen Wahlen bewiesen: Erstens zeigt es sich, dass das BZÖ ohne Jörg Haider nicht lebensfähig ist. Zweitens wird freiheitliche Politik nachgefragt und vom Wähler stark unterstützt. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass der Wähler immer recht hat, ob es mir nun gefällt oder nicht. Es kann nicht sein, dass einer, solange er Rot wählt, gut ist, wählt er aber Blau, ist er kein Demokrat mehr. Man sollte endlich mit dieser Punzierung der Freiheitlichen aufhören. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Wo andere wegschauen, zeigen wir Probleme auf - das wird von den Menschen belohnt.
Was halten Sie von jenem Anti-Minarett-Spiel, das die steirische FPÖ ins Netz gestellt hat?
Ich würde das nicht verwenden. Aber es hat für Aufmerksamkeit gesorgt und ein Problem aufgezeigt. Wenn es um Sicherheit, Fragen der Zuwanderung geht, habe auch ich meine konsequenten Positionen. Der Kärntner ist ein hilfsbereiter Mensch, aber immer unter der Voraussetzung, dass seine Gastfreundschaft nicht ausgenutzt wird. Wer das verletzt, kriegt bei uns ein besonderes Wohnheim, das heißt Saualm. Dazu stehe ich. Heute haben wir in Kärnten Ordnung im Asylbereich. Gleichzeitig habe ich 7000 vorbildlich eingebürgerte Menschen aus Bosnien-Herzegowina.
Von denen sind viele Moslems. Wollen diese eine Moschee bauen, verhindert die Kärntner Bauordnung, dass diese ein Minarett hat.
Das wird auch so bleiben.
Könnten Sie damit leben, wenn ein Minarett wie ein Kirchturm aussieht?
Das ist dann kein Minarett. Religionsfreiheit ist eine Selbstverständlichkeit, aber Bauwerke dieser Art würden unsere über Jahrhunderte entwickelte Baukultur zerstören. Integration funktioniert bei uns anders. Kärnten hat als erstes Bundesland Sprachförderprojekte angeboten - bereits im Kindergarten, auch für die Mütter. Diese sitzen oft isoliert zu Hause. Wir haben die Mütter sprachfit gemacht. Und plötzlich sind muslimische Kinder beim Weihnachtsfest, beim Martinsfest, beim Osterfest und sogar beim Kirchgang mit dabei. Genauso funktioniert Integration. Langfristig kann man aber nicht mehr als zehn Prozent integrieren. Alles andere würde den Gastgeber überfordern.
Die steirischen Freiheitlichen gelten innerhalb der FPÖ als sehr rechts. Wo würden Sie sich auf einem Links-Rechts-Schema innerhalb des freiheitlichen Lagers einordnen?
Ich sehe mich in einer breiten Mitte mit einer sehr starken sozialen Ausprägung. Ich weiß, woher ich komme. Ich komme aus dem Arbeitermilieu und kenne auch die Sorgen der arbeitenden Menschen. Der Herr von der Müllabfuhr ist für mich gleich wichtig wie der Herr Generaldirektor.
Aus dem Archiv
Im Sommer 2009 sah Dörfler die Dinge noch anders und erklärte, in Wien würde er Bürgermeister Häupl wählen.
Gerhard Dörfler (55, FPK) ist seit 27. Oktober 2008 Kärntner Landeshauptmann.