Der neue Außenminister gilt nicht nur als erfahrener und besonnener Diplomat. Er steht auch für einen anderen Stil.
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Zumindest in einer Hinsicht hat sich für Michael Linhart am neuen Arbeitsplatz nichts geändert. Ähnlich wie in Paris - wo sich von der fast schon heimelig anmutenden österreichischen Botschaft in der Rue Fabert fast alle wichtigen Gebäude wie etwa das französische Außenministerium bequem zu Fuß erreichen lassen - liegen auch im Wiener Regierungsviertel rund um die Minoritenkirche die Schaltstellen der Macht eng beinander.
Davon abgesehen ist für Linhart seit diesem Montag aber alles anders. Der 63-jährige Vorarlberger, der in den vergangenen drei Jahren Österreich als Botschafter in Frankreich vertreten hat und der breiten Öffentlichkeit bisher kaum bekannt ist, steht als neuer Außenminister plötzlich im Rampenlicht.
Gerechnet dürfte Linhart mit diesem späten Karrieresprung nicht haben, denn dass Alexander Schallenberg nach einem Rücktritt von Sebastian Kurz vom Außenministerium ins Kanzleramt aufsteigt, galt zwar nicht als denkunmöglich, aber eben auch nicht als die allerwahrscheinlichste Variante.
Dennoch bringt Linhart für seine neue Aufgabe die besten Voraussetzungen mit. So wie Schallenberg ist auch er ein Karrierediplomat mit entsprechender elterlicher Prägung, 1958 kommt Linhart nicht in Vorarlberg zur Welt, sondern in Ankara, weil sein Vater als Diplomat in der türkischen Hauptstadt tätig ist. 1986 tritt Linhart nach seiner Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaften dann selbst ins Außenministerium ein und durchläuft dort mehreren Abteilungen (OSZE, Konsularangelegenheiten, multilaterale Wirtschaftspolitik), ehe er seinen Dienst in der Botschaft in Addis Abeba antritt. Auf seinen Aufenthalt in Äthiopien folgen Zuteilungen an die Botschaften in Syrien und Kroatien. 1995 kehrt Linhart schließlich nach Österreich zurück, um im Kabinett des damaligen ÖVP-Außenministers Wolfgang Schüssel mitzuarbeiten.
2000 wird Linhart dann in Syrien erstmals selbst Botschafter, bevor er drei Jahre später abermals nach Österreich zurückkehrt um als Geschäftsführer die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA) im Außenministerium zu leiten. Der nächste große Karriereschritt erfolgt dann nach einem Zwischenstopp als Botschafter in Athen im Jahr 2013. Linhart wird Generalsekretär im Außenministerium und damit der ranghöchste Beamte dort. Fünf Jahre später wechselt er schließlich nach Paris, nachdem sich mit der neuen FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl aus verschiedenen Gründen keine tragfähige Arbeitsbasis einstellt.
Höflich und freundlich
Dass die Wahl nun auf Linhart gefallen ist, dürfte aber nicht nur mit seinen bisherigen Meriten im diplomatischen Dienst zu tun haben. Der dreifache Vater, der seit 1977 Mitglied der katholischen Studentenverbindung KHV Babenberg Wien im Cartellverband ist, ist auch ein offensichtlicher Kontrapunkt zum Sittenbild, das die Chatverläufe auf dem Handy von Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid offenbart haben. Im persönlichen Umgang ist Linhart freundlich, höflich und zuvorkommend, gleichzeitig gilt der Bruder des langjährigen Bregenzer Bürgermeisters Markus Linhart im beruflichen Zusammenhang als überaus korrekter und prinzipienfester Sacharbeiter. Wenig überraschend liest sich daher auch das erste Statement, das der neue Außenminister nach seiner Angelobung am Montag abgegeben hat. "Ich werde mich von jenen Werten leiten lassen, die mich auch im diplomatischen Dienst begleitet haben", schreibt Linhart auf Twitter.
Welchen Kurs der neue Ressortchef verfolgen will und kann, wird sich wohl erst in den kommenden Tagen herauskristallisieren, doch ein paar Leitplanken scheinen sich bereits jetzt abzuzeichnen. So ist es kaum vorstellbar, dass das Duo Schallenberg-Linhart die von Kurz geprägte und beim grünen Koalitionspartner für Unmut sorgende harte Linie bei Asyl und Migration verlassen wird. Für die Entwicklungszusammenarbeit dürfte es dagegen mehr Aufmerksamkeit geben.