Zum Hauptinhalt springen

Michelle Obama als Hillary Clintons Schutzmantel- Madonna

Von Kurt Bayer

Gastkommentare

Die derzeitige First Lady würde wahrscheinlich die Präsidentschaftswahl locker gewinnen, träte sie selbst an.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Donald Trump attackiert Hillary Clinton wüst, seine Anhänger brüllen: "Jail crooked Hillary!" ("Ins Gefängnis mit der Lügnerin Hillary!") Trump attackiert Barack Obama, dem er die Voraussetzung zur Präsidentschaft jahrelang wegen dessen angeblich nicht vorhandener US-Geburtsurkunde absprach, mit dem Slogan: "Repeal Obamacare!"

Er attackiert alles und jeden, vielfach unflätig. Erst recht, seit der FBI-Chef wenige Tage vor der Wahl seine bisher unbegründete Meldung lancierte, "möglicherweise" die Untersuchung gegen Clinton wegen ihrer E-Mails wieder zu eröffnen (ein Schelm, wer hier keine Absicht vermutet), und damit Trumps Karten wieder verbessert hat.

Aber: Kein Wort hat er bisher über First Lady Michelle Obama verloren, die ihn vor kurzem wegen seiner sexuellen Demütigungen von Frauen schärfstens attackierte. Vorige Woche gab es erstmals einen gemeinsamen Wahlkampfauftritt von Hillary und Michelle, im "Swing State" North Carolina. Dort war nicht Michelle die Aufwärmband für Hillary, sondern eher umgekehrt. Und Michelle war grandios: Sie appellierte an die Familien, an die Zukunft für die Kinder, an den Zusammenhalt der Amerikaner, an die Größe der USA, auf der Hillary aufbauen würde. Sie attackierte den Defätismus Trumps, der die Stärken der USA negiere, die Familienwerte, die Nachbarschaftshilfe, die Gastfreundschaft. Ihre Rede galt nicht einem konkreten Zukunftsprogramm, sondern der Hoffnung, den Stärken der Amerikaner, ihrem unerschütterlichen Zukunftsglauben. Und sie erinnerte an den knappen Wahlsiegs Baracks im Jahr 2008 (mit nur zwei Stimmen pro Wahlbezirk in North Carolina), an die Notwendigkeit, wählen zu gehen und sich nicht vom unerquicklichsten Wahlkampf aller Zeiten entmutigen zu lassen, an die Opfer der Bürgerrechtler, die ihr Leben gelassen hatten für die Möglichkeit aller Amerikaner, wählen zu können - und an die damit verbundene Verpflichtung, tatsächlich zur Wahl zu gehen, und zwar sofort (in North Carolina kann bereits seit einiger Zeit vorzeitig gewählt werden). Jeder Wähler solle noch ein bis zwei weitere Registrierte überzeugen.

Michelle würde wahrscheinlich die Wahl locker gewinnen, träte sie selbst an. Sie ist authentisch, spricht exzellent, verkörpert eine schwierige Familiengeschichte mit einem fast nur in den USA möglichen Aufstieg in die besten Unis und letztlich zur First Lady. Das Faszinosum ist aber nicht ihre charismatische Präsenz, sondern die Tatsache, dass weder der Sudelkandidat Trump noch seine Wahlkampfhelfer auch nur ein Wort gegen sie sagen können: Sie ist quasi die "Heilige von Washington", die Unangreifbare, die (schwarze) Madonna. Natürlich hat das mit ihrer Geschichte, mit ihrem Aufstieg als Anwältin, ihrem immer unterstützenden, nie in den Vordergrund drängenden Auftritt als First Lady zu tun, der sie glamourös, aber immer vollkommen natürlich, unprätenziös, immer als Familienmutter und Bio-Gärtnerin gezeigt hat, nie als Fashion-Ikone, zickig oder ihren Mann insgeheim beneidend. Sie ist "untouchable", sogar für Trump. Und: Sie wird wohl der entscheidende Faktor für einen Wahlsieg Hillary Clintons sein.

Sie wäre die bessere Kandidatin.