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Miete allein macht nicht glücklich

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Vermieter beschweren sich über komplexe Regeln. | Junge Generation verkauft Objekte, Spekulanten sind am Vormarsch. | "Wiener Zeitung": Während Mieter über hohe Mieten klagen, beschweren sich Vermieter darüber, dass die Mieten zu niedrig sind, um die Häuser erhalten und ordentlich bewirtschaften zu können. Ist Vermieten ein Verlustgeschäft?


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Friedrich Noszek: Das Interessante ist nicht das Jahresgeschäft, das durch die Mieten eingenommen wird, sondern die Wertsteigerung des Objektes. Ein Beispiel: Bei einem Zinshaus, das im Jahr 1954 um 95.000 Schilling erworben wurde und in das über 30 Jahre ordentlich investiert und der Standard angehoben wurde, hat man heute daraus Jahreseinnahmen von circa 70.000 Euro. Das Gebäude hat einen Marktwert von 1,7 Millionen Euro. Wenn man das damit vergleicht, was man hätte, wenn man das Geld damals auf ein Sparbuch gelegt hätte, dann ist das ein erheblicher Unterschied.

Wenn man eine Immobilie erwirbt, muss man also erheblich investieren.

Ja. Es ist für einen Zinshausbesitzer in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, das Haus zu bewirtschaften. Es gibt immer kompliziertere Regelungen über die Elektrik des Hauses, die Erdung, den Querschnitt der Leitungen, Sicherungskästen oder etwa den Energieausweis. Ein Hauseigentümer, der sein Haus selber verwaltet, sollte einen Energieausweis analysieren können, wissen, welche Baustoffe er verwendet und wie er das umsetzt.

Es gibt geschickte Leute, die das schaffen und solche, die das nie im Leben schaffen. Vermieter sind überwiegend ältere Leute. Die kennen sich oft nicht aus. Da hilft der Hausbesitzerverband.

Soll man sich das überhaupt noch antun?

Ich rate jedem, das Haus nicht selbst zu verwalten. Die neue Generation fragt sich oft, wozu sie sich herumstreiten soll mit Mietern, der Schlichtungsstelle, mit einer Richtwertregelung, mit technischen Regelungen. Viele verkaufen deshalb. Dann kommen wiederholt Spekulanten und Bauträger.

Viele Vermieter und Mieter wissen nicht, wie viel man eigentlich an Miete verlangen darf.

Bei Neuvermietung muss sich der Vermieter an die Richtwertmiete halten - diese ist aber nur eine Orientierungsgröße. Dazu kommen Zuschläge beziehungsweise Abschläge. Die Richtwerte sollten jährlich erhöht werden und an den Verbraucherpreisindex angepasst werden. Das passiert laut dem Wohnrechtsgesetz 2009 jetzt aber nur mehr alle zwei Jahre.

Das kritisieren Sie . . .

Es ist eine Änderung zu Ungunsten der Eigentümer, obwohl insgesamt gesehen nichts verloren geht. Die Anpassung erfolgt halt nur alle zwei Jahre.

Meine Befürchtung ist aber, dass sich die Mietervertreter für nächstes Jahr wieder etwas Neues überlegen werden, wie sie die Mieten niedrig halten können. Vergangenes Jahr hat man ja gesagt, dass der Dezemberwert vom Verbraucherpreisindex im Jahr 2007 zu hoch war, um daran die Richtwerte anzupassen. Deshalb hat man den Jahres-Durchschnittswert genommen. Im Dezember 2008 war aber wieder der Dezemberwert günstiger als der Jahresdurchschnitt.

Woran hat man sich jetzt bei der letzten Richtwerte-Anpassung gehalten?

An den Jahresdurchschnitt. Das Problem ist aber, dass sich der Verbraucherpreisindex nicht mit dem Baukostenindex deckt. Der Baukostenindex steigt etwa um ein Drittel stärker als der Verbraucherpreisindex.

Das heißt, dass die Mieten niedriger sind als das, was man investiert, wenn man baut und renoviert . . .

Das wirkt sich nicht krass in einem Jahr aus, aber in zehn Jahren sehr wohl. Man braucht höhere Mieten, um das Haus zu erhalten und zu bewirtschaften. Der Mieter hat durch die Renovierung ja einen Vorteil, trotzdem zahlt nur der Vermieter.

In der Praxis hat das Richtwertsystem aber wenig Bedeutung, weil die Marktmiete meistens unter dem Richtwertzins liegt.

Wieso?

Weil man teure Wohnungen nicht anbringt.

Schaut der Wohnungsmarkt derzeit so schlecht aus?

Es dauert derzeit länger, wenn man etwas zu einem guten Preis vermieten will.

Wenn der Vermieter eine zu hohe Miete verlangt - kann man das als potenzieller Mieter schon beanstanden?

Das geht erst, wenn der Vertrag abgeschlossen ist. Es gibt vermeintlich schlaue Mieter, die einen Vertrag abschließen und denen es egal ist, was sie zahlen, weil sie glauben, dass wenn sie nicht zahlen können, sie sich eine Mietzinshilfe holen können.

Diese Rechnung geht nicht auf. Wenn der Mieter nämlich eine Mietzinshilfe beantragt und die Behörde meint, dass der Preis zu hoch ist, geht das zur Schlichtungsstelle, die die Miete überprüft und gegebenenfalls herabsetzen kann. Das ist problematisch für den Vermieter, weil der davon ausgeht, dass er die vereinbarte Miete bekommt.

Treten Sie für Vertragsfreiheit im Mietrecht ein?

Der Idealfall wäre eine Liberalisierung des Mietsektors.

Also Wegfall der Richtwerte?

Kein Wegfall der Richtwerte, aber zumindest weg von der Kategorie D und den Altmieten. Was uns generell stört, ist, dass der Vermieter noch immer als böser Hausherr gesehen wird, der die Mieter nur ausnimmt.

Man überlegt immer, wie man dem Mieter mehr Rechte geben kann. Dem Vermieter werden möglichst viele Aufgaben zugeordnet, die Geld kosten. Auch die EU geht in diese Richtung. Es gibt einen neuen Entwurf der Energierichtlinie, der vorsieht, dass Energiewerte sogar schon in einer Annonce zur Anbietung eines Objektes drinnen stehen müssen. Das sind massive Verschärfungen.

Bei der Thermenreparatur haben die Vermieter allerdings erst kürzlich einen Sieg vor dem Obersten Gerichtshof errungen. Der Vermieter hat nicht die Neuanschaffung zu bezahlen. Allerdings wird derzeit darüber diskutiert, ob und in welchem Ausmaß dem Mieter ein Zinsminderungsanspruch zusteht, wenn dieser eine neue Therme anschafft. Das ist im Einzelfall zu prüfen.

Klargestellt ist, dass eine rückwirkende Geltendmachung des Ersatzanspruches ausgeschlossen ist. Ebenso ist klargestellt, dass der Vermieter nicht sein privates Geld aufwenden muss, um einen Thermenersatz oder eine Thermenreparatur zu finanzieren.

Wer jetzt letztlich wofür aufkommen muss, ist aber anscheinend noch immer nicht ganz geklärt.

Nein. Es bleibt eine Grauzone, ob grundsätzlich der Mieter oder der Vermieter für eine Investition aufzukommen hat. Ich rechne mit einer Neuregelung, weil das im Regierungsprogramm vorgesehen ist und Gespräche stattfinden werden.

Wie schaut es mit den Altmieten aus?

Die Altmieter sind ein Riesenproblem. Wir haben derzeit eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von Mietern. Das sind die, die in den letzten Jahren angemietet haben und eine Richtwertmiete zahlen. Und wir haben eine nicht unerhebliche Gruppe von Altmietern, die einen Kategoriezins haben. Der Kategoriemietzins ist im Vergleich zur Richtwertmiete um einiges geringer.

Was soll mit den Altmieten passieren?

Die Altmieten sollen allmählich an die Neumieten herangeführt werden.

"Wir haben derzeit eine Zwei-Klassen-Gesellschaft von Mietern."

Zur Person

Friedrich Noszek ist seit 2006 Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB).

Der ÖHGB schützt und fördert die gemeinsamen Interessen der Haus- und Grundbesitzer in Österreich.

Wissen

Man unterscheidet zwischen Kategoriemietzins, Richtwertmiete, freiem Mietzins und angemessenem Hauptmietzins.

Wonach sich die Miete richtet, hängt davon ab, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde. Bis 1994 konnte ein Kategoriemietzins vereinbart werden, dann kam das Richtwert-System. Während der Kategoriemietzins für eine Wohnung der Kategorie A (beste Ausstattung) derzeit bei 3,08 Euro pro Quadratmeter liegt, kostet eine Wohnung der Kategorie A in Wien nach dem Richtwert-System derzeit 4,73 Euro.

Keine Richtwerte gibt es für Neubauten, hier kann die Miete frei ausverhandelt werden.

Ein angemessener Mietzins gilt etwa für Geschäftslokale und bemisst sich nach der Größe, der Art, der Beschaffenheit, der Lage sowie nach dem Ausstattungs- und Erhaltungszustand.